Was ist eine Privatinsolvenz?
Mit einer Privatinsolvenz oder Verbraucherinsolvenz können Sie sich von Ihrer Schuldenlast befreien, ohne die Schulden vollständig begleichen zu müssen. Die sogenannte Restschuldbefreiung steht am Ende des Insolvenzverfahrens. Eine Schuldenfreiheit ist innerhalb von drei Jahren möglich für alle, die seit dem 1. Oktober 2020 Privatinsolvenz beantragt haben. Vorher konnte es bis zu sechs Jahre dauern. Eine Übergangsregelung existiert für alle, die zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 30. September 2020 das Insolvenzverfahren beantragt haben.
Wer kann eine Privatinsolvenz beantragen?
Eine Privatinsolvenz beantragen können Verbraucher, also Privatpersonen, die keine selbstständige Tätigkeit ausüben. Selbstständige können nur dann eine Privatinsolvenz beantragen, wenn gegen sie keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen und wenn ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind. Überschaubare Vermögensverhältnisse sind laut Gesetzgeber dann gegeben, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags weniger als 20 Gläubiger hat. Andernfalls sind Selbstständige wie auch Unternehmen zu einem regulären Insolvenzverfahren verpflichtet.
Wie läuft das Insolvenzverfahren ab?
Ein Insolvenzverfahren gliedert sich in mehrere Schritte. Zunächst muss dem Insolvenzantrag immer ein außergerichtlicher Einigungsversuch vorausgehen, der Schuldnern und Gläubigern die Möglichkeit gibt, vorab zu einer Einigung zu kommen.
Schulden tilgen:
Kommt es zur Privatinsolvenz, wird zunächst die Insolvenzmasse, also das gesamte Vermögen des Schuldners herangezogen. Dazu zählen etwa Auto(s), Haus, Kapitalvermögen wie etwa eine Kapitallebensversicherung oder Erspartes auf dem Sparbuch. Mit diesem Geld werden möglichst viele Schulden (Forderungen der Gläubiger) getilgt.
Einkommen abgeben:
In der anschließenden, sogenannten Wohlverhaltensphase muss der Schuldner Teile seines Einkommens abgeben, um die noch bestehenden Schulden zu tilgen. Dies ist aber nur bis zur Pfändungsfreigrenze möglich. Sie stehen bei einer Privatinsolvenz also nicht völlig mittellos da. Das Existenzminimum bleibt gesichert.
Schuldenfrei sein:
Am Ende des Verfahrens steht die Restschuldbefreiung. Darüber entscheidet das Gericht drei Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Während Schuldner zuvor mindestens 35 Prozent ihrer Schulden beglichen haben mussten, gibt es für Insolvenzverfahren seit dem 1. Oktober 2020 keine Mindestquote mehr. Auch müssen Sie als Schuldner nicht sämtliche Verfahrenskosten innerhalb der drei Jahre gezahlt haben.
Rest begleichen:
Von der Restschuldbefreiung NICHT erfasst sind Unterhaltsschulden, hinterzogene Steuern und zinslose Darlehen, die Ihnen zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden. Diese Kosten müssen Sie weiterhin tragen.
Wie viel von meinem Gehalt darf ich bei einer Privatinsolvenz behalten?
Welchen Betrag Ihres Einkommens Sie während des Insolvenzverfahrens abgeben müssen, hängt von Ihrem Nettolohn ab – und von Ihren privaten Verpflichtungen. Müssen Sie beispielsweise für Kinder oder einen Ex-Partner Unterhalt zahlen, erhöht sich der nicht pfändbare Freibetrag auf Ihren Nettolohn.
Der Freibetrag für Personen, die keinen Unterhalt zahlen müssen, liegt bei 1179,99 Euro im Monat. Ihr Einkommen ist somit erst ab 1180 Euro pfändbar. Liegt Ihr Nettogehalt unter dieser Selbstbehalt-Grenze, kann bei Ihnen kein Gehalt gepfändet werden.
Unterhaltsberechtigte Personen | Freibeträge |
---|---|
0 | 1.179,99 Euro |
1 | 1.629,99 Euro |
2 | 1.869,99 Euro |
3 | 2.119,99 Euro |
4 | 2.369,99 Euro |
5+ | 2.619,99 Euro |
Wie viel darf ich behalten, wenn ich mehr verdiene?
Wenn Ihr Einkommen über Ihrer Pfändungsfreigrenze liegt, dürfen sie von Ihrem Mehrverdienst einen Teil behalten. Dadurch sollen Schuldner, die arbeiten gehen, besser gestellt werden als Schuldner, die Arbeitslosengeld I oder II beziehen. Über 3.613,08 Euro sind alle Beträge voll pfändbar.
Unterhaltsberechtigte Personen | Pfändungsfrei von den ersten 10 Euro | Pfändungsfrei von allen weiteren 10 Euro |
---|---|---|
0 | 9,01 Euro | 3 Euro |
1 | 6,08 Euro | 5 Euro |
2 | 9,71 Euro | 6 Euro |
3 | 8,92 Euro | 7 Euro |
4 | 8,70 Euro | 8 Euro |
5+ | 9,06 Euro | 9 Euro |
Was sind unterhaltsberechtigte Personen?
Unterhaltsberechtigt ist laut § 1602 BGB, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Darunter können auch minderjährige Kinder fallen, die Vermögen haben, deren Einkünfte aus Vermögen und Arbeit zum Unterhalt aber nicht ausreichen.
Zu unterhaltsberechtigten Personen zählen im Wesentlichen…
- Kinder
- Eheleute und geschiedene Eheleute
- Enkelkinder und weitere Abkömmlinge
- Eltern
Was zählt zum pfändbaren Nettoeinkommen?
Pfändbar ist das Nettoeinkommen. Wenn Sie mehrere Einkommen beziehen, werden diese zusammengerechnet. Zum Nettolohn zählen…
- Lohn
- Gehalt
- Altersrente
- Arbeitslosengeld I
- Arbeitslosengeld II
Sozialversicherungsabgaben und Steuern sind davon abzuziehen.
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Was ist nicht pfändbares Einkommen?
Da nur der Nettolohn pfändbar ist, gibt es auch einige unpfändbare Einkommensbestandteile. Dazu zählen nach §850a und 850b ZPO zum Beispiel:
- Urlaubsgeld
- Überstundenvergütung
- Weihnachtsgeld (zur Hälfte, höchstens 500 Euro)
- Vermögenswirksame Leistungen
- Aufwandsentschädigungen
- Gefahrenzulagen
- Blindenzulagen
- Erziehungsgeld
- Studienbeihilfen
- Unterhaltsrenten
- Hinterbliebenenrenten
Wie kann ich nebenbei Geld verdienen?
Kann ich mich in der Privatinsolvenz selbstständig machen?
Ja, Sie können während Ihrer Privatinsolvenz ein Gewerbe anmelden. Der Schuldner darf während des Insolvenzverfahrens sehr wohl einer selbständigen Tätigkeit nachgehen – es sei denn, es liegt ein gewerbliches Tätigkeitsverbot oder Ähnliches vor. Aus seiner selbstständigen Tätigkeit muss der Schuldner den pfändbaren Betrag seines Einkommens abführen. Zuvor sollte Sie aber Ihren Treuhänder darüber informieren, dass Sie ein Gewerbe anmelden möchten. Anschließend senden Sie eine Kopie der Gewerbeanmeldung oder einen anderen Nachweis für die Selbstständigkeit an das Insolvenzgericht.
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