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Zwangsurlaub wegen Coronavirus: Darf der Chef das?

Rund um das Coronavirus entstehen lauter neue Fragen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen beschäftigen, zum Beispiel: Darf der Chef Zwangsurlaub wegen des Coronavirus anordnen? Was ist, wenn es einfach nicht genügend Arbeit gibt? Was passiert überhaupt mit meinem Urlaub – fällt der ersatzlos aus? Klar ist, dass eine Situation wie die derzeitige für gegenwärtige Arbeitnehmergenerationen völlig neu ist. Und abhängig von zukünftigen Entwicklungen – sowohl, was das Virus und die medizinischen Fortschritte, aber auch den Arbeitsmarkt und die wirtschaftliche Situation anbelangt – können sich zum jetzigen Zeitpunkt getroffene Aussagen ändern. Was Sie aus arbeitsrechtlicher Sicht wissen sollten…


Zwangsurlaub wegen Coronavirus: Darf der Chef das?

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Was ist Zwangsurlaub?

Zwangsweise in den Urlaub geschickt zu werden – darüber könnte man erst einmal lächeln, das klingt nach einer ähnlichen Strafmaßnahme wie mit einer Feder geschlagen zu werden. Ganz so erheiternd ist die Sache allerdings nicht, denn es gibt einen ernsten Hintergrund.

Von Zwangsurlaub ist die Rede, wenn ein Arbeitnehmer entgegen eigener Pläne und entsprechendem Urlaubsantrag vom Chef in den Urlaub geschickt wird. Dazu muss man wissen, dass ein Arbeitnehmer gemäß Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ein Anrecht auf Urlaub hat. Dieser soll der Erholung des Arbeitnehmers dienen und seine Leistungsfähigkeit erhalten.

Wie viele Tage das im Einzelfall sind, hängt vom Arbeitsvertrag oder tariflichen Bestimmungen ab. Es gibt in jedem Fall einen gesetzlichen Mindestanspruch von vier Wochen. Außerdem haben Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass mindestens 12 Tage am Stück genommen werden dürfen – zwei volle Wochen Urlaub vom Betrieb sind also in jedem Fall drin.

Wenn nun aber Zwangsurlaub angeordnet wird, ist auch klar, dass der eigene Urlaub nicht zur freien Verfügung planbar ist. Und genau dieser Eingriff bietet Konfliktpotenzial: Denn eigentlich soll der Urlaub nach Möglichkeit im Einklang mit den Mitarbeiterwünschen gewährt werden.

Aber: Diese müssen eben auch zu den betrieblichen Belangen passen. Heißt konkret, dass ein Arbeitgeber kaum alle Angestellten gleichzeitig in den Urlaub schicken kann. Außerdem gibt es Kriterien, die er bei der Urlaubsvergabe berücksichtigen muss. So werden Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern in der Regel bevorzugt behandelt, zumindest was den Urlaub in der Ferienzeit anbelangt. Hier sind Teamgeist und Kompromissfähigkeit bei manchen gefragt, aber richtiger Zwangsurlaub ist das noch nicht.

Denn der darf nur unter besonderen Voraussetzungen angeordnet werden. Üblicherweise geht es gemäß § 7 BUrlG um dringliche Belange. Diese werden wiederum nicht näher definiert, so dass auf Erfahrungen aus der Vergangenheit zurückgegriffen wird.

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Wann kann Zwangsurlaub angeordnet werden?

Als dringliche Belange werden üblicherweise solche gewertet, wenn in irgendeiner Form der betriebliche Ablauf und das Fortbestehen des Betriebes gestört oder gefährdet werden. Zwangsurlaub ist beispielsweise üblich…

  • wenn es sich um einen Saisonbetrieb handelt: Viele Eissalons haben eine Winterpause, da die Nachfrage in dieser Jahreszeit deutlich geringer ist. Dementsprechend ist das Arbeitsvolumen ebenfalls niedriger.
  • wenn es sich um eine Arztpraxis handelt: Ist der behandelnde Arzt im Urlaub, können die Patienten nicht versorgt werden und für die Angestellten gibt es keine Arbeit.
  • wenn es eine Regelung gibt: Beispielsweise sind Betriebsferien im Arbeits- oder Tarifvertrag festgehalten oder es existiert eine entsprechende Betriebsvereinbarung. Klassischerweise liegen die zwischen Weihnachten und Neujahr.

Gibt es einen Betriebsrat, muss dieser gemäß Betriebsverfassungsgesetz (§ 87 BetrVG) zustimmen.

Vor allem das erste Beispiel macht deutlich: Würde ein Eissalon keinen Zwangsurlaub aussprechen dürfen, müsste entweder dieselbe Anzahl an Mitarbeitern auch bei absoluter Flaute beschäftigt werden (was den Ruin des Unternehmens bedeuten würde). Oder aber es müssten vorherige Kündigungen ausgesprochen werden.

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Ist Zwangsurlaub wegen des Coronavirus möglich?

Eine Möglichkeit, wann Zwangsurlaub angeordnet werden kann, sind demnach Krisen, die existenzbedrohliche Auswirkungen nach sich ziehen können. Dazu zählte beispielsweise die Finanzkrise vor einigen Jahren. Was bedeutet das für den Arbeitnehmer in der gegenwärtigen Corona-Pandemie: Ist Zwangsurlaub wegen des Coronavirus möglich?

Zunächst einmal gilt auch hier, dass Ihr Chef Ihnen nicht einfach gegen Ihren Willen Urlaub verordnen kann. Wie angesprochen, sollen Wünsche von Arbeitnehmern berücksichtigt werden und auch für den Resturlaub gilt, dass dieser zur freien Verfügung bleiben soll. Eine einseitige Anordnung, ohne dass der Mitarbeiter entsprechend darauf hingewiesen wurde, ist nicht zulässig.

Rein rechtlich geht es hier gemäß § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) um den sogenannten Annahmeverzug, das Problem liegt auf Arbeitgeberseite: Es gibt nicht genügend Arbeit, der Mitarbeiter ist aber grundsätzlich bereit, seine (vertraglich zugesicherte) Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen.

So wie der Arbeitnehmer eine Pflicht hat, die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen, hat Ihr Chef im Gegenzug eine Beschäftigungspflicht. Ihr Arbeitgeber trägt in diesem Fall das Betriebsrisiko, das bedeutet, dass er auch in dieser Situation, wenn Aufträge ausbleiben, seinen Angestellten das Gehalt weiterzahlen muss.

Andererseits handelt es sich um eine absolute Sondersituation, in der Rechtsexperten immer wieder darauf hinweisen, dass beide Vertragsparteien zu einer einvernehmlichen Lösung kommen sollten. Wenn Sie beispielsweise Ihren Urlaub gebucht haben, ihn nun aber aufgrund höherer Gewalt nicht antreten können, so könnten Sie theoretisch die Urlaubstage zurücknehmen, weil der Erholungsgedanke nicht eingelöst werden kann.

Aber als Arbeitnehmer mit Gewalt sein Recht durchzusetzen, um wenige Wochen später arbeitslos zu sein, kann nicht das Ziel sein. Genauso wenig wie als Arbeitgeber die besondere Betreuungssituation von Mitarbeitern mit Kindern nicht zu berücksichtigen und mit unnötiger Härte das Unmögliche einzufordern.

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Welche Alternativen gibt es zur Lösung des Problems?

Je nach Unternehmen – beispielsweise Einzelhandel, Behörde, Gastronomie, kleines oder mittelständisches Unternehmen – sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterschiedlich von der Corona-Krise betroffen. Das hängt zum einen mit den Produkten und Dienstleistungen zusammen, zum anderen mit den gesetzlichen Auflagen.

Am stärksten betroffen sind Restaurants und Hotellerie sowie weite Teile des Einzelhandels, weil sie entweder schließen mussten oder starke Umsatzeinbrüche zu verzeichnen haben. Andere Arbeitgeber wie Bäcker, Lieferdienste, Behörden oder Architekturbüros halten den Betrieb weiter aufrecht.

Diese Möglichkeiten bestehen grundsätzlich, um Zwangsurlaub wegen des Coronavirus zu vermeiden:

  • Abbau von Überstunden

    Gibt es nicht genügend Arbeit, aber wird der Betrieb weiter aufrechterhalten, können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf den Abbau von Überstunden einigen.

  • Arbeitszeitkonten mit Minusstunden

    Existieren Arbeitszeitkonten, können Regelungen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag festlegen, dass zu viel oder zu wenig gearbeitete Zeit dort verzeichnet und bei Bedarf abgefeiert beziehungsweise nachgearbeitet werden muss.

  • Kurzarbeit mit Kurzarbeitergeld

    Existiert vorübergehender, erheblicher Arbeitsausfall, der zudem unvermeidbar ist, kann ein Arbeitgeber Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit anmelden. Für die sozialversicherungspflichtig beschäftigten Mitarbeiter wird dann von der Bundesagentur das Kurzarbeitergeld übernommen. Das gilt in der gegenwärtigen Krise auch für Leiharbeitnehmer.
    Eine Besonderheit gibt es noch – und das könnte als Zwangsurlaub wegen des Coronavirus interpretiert werden: Ordnet ein Unternehmen Kurzarbeit an, dann müssen auch Resturlaub und Zeitausgleich vom letzten Jahr zwangsweise genommen werden.

  • Arbeit im Homeoffice

    Weder darf Ihr Arbeitgeber Sie fürs Homeoffice zwangsverpflichten, noch dürfen Sie einfach darauf bestehen – zur Vermeidung der Ansteckungsgefahr und zwecks Social Distancing ist die Arbeit von zuhause derzeit eine einfache und gute Lösung für beide Vertragsparteien.

  • Arbeit im geschlossenen Betrieb

    Ja, auch das ist möglich: Wer beispielsweise in einem Restaurant oder einem Bekleidungsgeschäft arbeitet, dessen Arbeitgeber ist derzeit verpflichtet das Ladenlokal geschlossen zu halten. Das heißt allerdings weder Zwangsurlaub wegen Coronavirus, noch bedeutet das automatisch, dass Sie keine Arbeit haben. Ähnlich wie beim Homeoffice können Sie vom Arbeitgeber angewiesen werden, sonstige anfallende Tätigkeiten zu erledigen (Weisungsrecht). Denn als Arbeitsplatz darf das Geschäft betreten werden. Solche Aufgaben können dann Reinigung und Aufräumen, Inventur oder innerbetriebliche Schulungen beinhalten.

[Bildnachweis: fizkes by Shutterstock.com]


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