Jeder Mensch wird mal krank. Immer nur funktionieren funktioniert eben nicht. Das gilt auch für Auszubildende. Aber darf der Chef einen Azubi wegen Krankheit kündigen? Das klingt doch ziemlich herzlos. Und doch lässt das Arbeitsrecht einigen Spielraum. Unter diesen Umständen können Arbeitgeber einen Azubi wegen Krankheit kündigen…
Anzeige Darf der Arbeitgeber einen Azubi wegen Krankheit kündigen?
Der Arbeitgeber kann einem Auszubildenden WÄHREND einer Krankheit kündigen, zum Beispiel aus verhaltensbedingten Gründen. Er kann ihm aber grundsätzlich nicht WEGEN einer Krankheit kündigen. Allerdings gibt es Ausnahmen: Eine Kündigung wegen Krankheit kann rechtens sein, wenn…
- die Eignung des Auszubildenden für den Ausbildungsberuf aufgrund der Krankheit dauerhaft entfallen ist, zum Beispiel durch eine neu auftretende Allergie
- mit einer Genesung innerhalb der Ausbildungszeit nicht zu rechnen ist. Konkret, wenn mit einer Gesundung nicht in den nächsten 24 Monaten zu rechnen ist oder wenn der Azubi schon 18 Monate arbeitsunfähig erkrankt und seine Genesung weiterhin völlig ungewiss ist.
- der Azubi immer wieder krankheitsbedingt ausfällt und in einem Zeitraum von 24 Monaten im Jahr mindestens 45 bis 60 Krankheitstage wegen Kurzerkrankungen aufweist.
Wann dürfen Arbeitgeber einen Azubi wegen Krankheit kündigen?
Eine Krankheit verhindert grundsätzlich nicht, dass eine Kündigung ausgesprochen wird. Allerdings muss der Kündigungsgrund selbst zulässig sein. Das Ausbildungsverhältnis kann außerhalb der Probezeit nur aus einem sogenannten „wichtigen Grund“ gekündigt werden.
Ein wichtiger Grund für eine Kündigung ist immer nur dann gegeben, wenn dem ausbildenden Betrieb – unter Berücksichtigung aller persönlicher Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien – die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Eine solche Kündigung ist allerdings immer einzelfall- und erkrankungsabhängig und wird auch von den Arbeitsrichtern genau geprüft.
Diese Möglichkeiten gibt es für Arbeitgeber, um Azubis zu kündigen:
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Verhaltensbedingte Kündigung
Der Betrieb könnte den Auszubildenden verhaltensbedingt kündigen, weil dieser immer wieder unentschuldigt in der Berufsschule fehlt. In dem Fall wird der Azubi aber nicht wegen der Krankheit selbst gekündigt, sondern wegen seines Fehlverhaltens im Umgang mit der Erkrankung, als aus einem anderen (wirksamen) Grund.
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Krankheitsbedingte Kündigung
Auch eine krankheitsbedingte Kündigung ist denkbar. Allerdings muss dazu die sogenannte Langzeitprognose negativ sein. Heißt: Der Azubi ist für sehr lange Zeit krank, und es ist nicht zu erwarten, dass er nach dieser Genesung wieder für seinen angestrebten Beruf voll einsatzfähig ist. Etwa wegen eines schweren Arbeitsunfalls. Angenommen, der Azubi verletzt sich so schwer, dass dem Betrieb nicht zuzumuten ist, den Ausbildungsplatz freizuhalten, obwohl absehbar ist, dass der Azubi seine Ausbildung dort nicht mehr abschließen kann, dann wäre die krankheitsbedingte Kündigung zulässig. Auch bei 45 bis 60 krankheitsbedingten Fehltagen innerhalb von zwei Jahren ist eine Kündigung in der Regel zulässig.
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Schützt Krankheit während Probezeit vor Kündigung?
Nein, eine Krankheit während der Probezeit schützt Azubis nicht vor einer Kündigung. Auszubildende können in der Probezeit vom Arbeitgeber zu jedem Zeitpunkt fristlos gekündigt werden – ohne Angabe von Gründen. Eine Kündigung ist auch möglich, wenn der Lehrling aktuell krankgeschrieben ist. Eine Ausnahme gibt es für Azubis mit einer Schwerbehinderung. Hier kann der Ausbildungsbetrieb eine Kündigung nur mit Hilfe des Integrationsamtes aussprechen.
Wie muss einem Azubi wegen Krankheit gekündigt werden?
Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des wichtigen Grundes dem Auszubildenden zugehen. Zudem muss sie zwingend schriftlich erfolgen und die Angabe der Kündigungsgründe enthalten. Andernfalls ist die Kündigung unwirksam. Befindet sich der Auszubildende noch in der Probezeit, muss der Arbeitgeber zu den Gründen keine Angaben machen.
Welche Kündigungsarten gibt es?
Das Arbeitsrecht kennt fünf Kündigungsarten:
- Die verhaltensbedingte Kündigung
- Die personenbedingte Kündigung
- Die krankheitsbedingte Kündigung
- Die betriebsbedingte Kündigung
- Die fristlose Kündigung
Die verhaltensbedingte Kündigung
Dauerhaftes Zuspätkommen, Blaumachen (ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung), Beleidigung von Vorgesetzten, sexuelle Belästigung, Alkoholkonsum trotz Alkoholverbots, Rauchen trotz Rauchverbots, eine unzulässige Nebentätigkeit oder ein anderes vertragswidriges Verhalten können zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen.
Eine solche Kündigung muss aber verhältnismäßig sein. Das bedeutet: Es darf für den Arbeitgeber kein milderes Mittel geben, mit dem er die Störung des Arbeitsverhältnisses beseitigen kann – etwa eine Ermahnung, Abmahnung oder Versetzung. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist also nur vertretbar, wenn das Interesse das Arbeitgebers an einer Kündigung das Interesse des Arbeitnehmers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses überwiegt.
Achtung: Nach der verhaltensbedingten Kündigung kann die Bundesagentur für Arbeit eine Sperrzeit von zwölf Wochen verhängen. Folge: Der Anspruch auf Arbeitslosengeld verringert sich.
Das ausführliche Dossier dazu finden Sie hier:
Die personenbedingte Kündigung
Viele denken irrtümlich, die personenbedingte Kündigung sei mit (schlechten) Leistungen des Arbeitnehmers verbunden. Richtig ist: Eine solche Kündigung kann nur ausgesprochen werden, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Eigenschaften oder Fähigkeiten, nicht mehr in der Lage ist, die Aufgaben des Arbeitsvertrags zu erfüllen (aus gesundheitlichen Gründen oder wegen eines schweren Unfalls).
In dem Fall muss die Genesungs-Prognose durch einen Arzt negativ sein. Heißt: Ist kurzfristige Besserung zu erwarten, darf KEINE personenbedingte Kündigung ausgesprochen werden. Zudem müssen vorab mildere Mittel geprüft werden: Also zum Beispiel eine Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz, der den Eignungen entspricht oder eine Umschulung, um die Weiterbeschäftigung zu ermöglichen.
Das ausführliche Dossier dazu finden Sie hier:
Die krankheitsbedingte Kündigung
Wer krank ist, kann aus diesem Grund nicht gekündigt werden. Diese Meinung ist weit verbreitet – und falsch. Die krankheitsbedingte Kündigung ist kann unter bestimmten Umständen auch Arbeitsverhältnisse beenden, die unter den Kündigungsschutz fallen.
Die krankheitsbedingte Kündigung ist mit der personenbedingten eng verwandt. Entsprechend müssen auch hier drei Voraussetzungen erfüllt sein: Eine negative Gesundheitsprognose. Heißt: Der Arbeitgeber kann belegen, dass der Mitarbeiter künftig seine Arbeitsleistung krankheitsbedingt nicht (mehr) erfüllen kann. Zudem müssen die Betriebsabläufe durch die Krankheit massiv Schaden nehmen (sog. Interesssenbeeinträchtigung). Und schließlich muss der Arbeitgeber nachweisen, dass es ihm nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten und es keine andere Möglichkeit der Weiterbeschäftigung gibt (sog. Interessenabwägung).
Das ausführliche Dossier dazu finden Sie hier:
Die betriebsbedingte Kündigung
Aufträge bleiben aus, eine Standort muss geschlossen werden oder der Arbeitgeber muss die Insolvenz anmelden. Diese und weitere Ursachen können mögliche Kündigungsgründe für eine betriebsbedingte Kündigung sein, mit der der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beendet.
Man spricht hierbei auch davon, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Weiterbeschäftigung unmöglich machen. Eine allgemeine wirtschaftliche Schieflage des Unternehmens oder jüngste Umsatzeinbrüche reichen als Begründung allerdings nicht aus. Der Arbeitgeber muss hierfür konkrete (und langfristige) Gründe und Zahlen präsentieren. Die Hürde für eine betriebsbedingte Kündigung liegt also hoch. Der besondere Kündigungsschutz beispielsweise für Betriebsrat, Schwangere oder Menschen mit einer Behinderung besteht zudem weiter.
Das ausführliche Dossier dazu finden Sie hier:
Die fristlose Kündigung
Hierbei handelt es sich juristisch nicht mehr um eine ordentliche, sondern um eine außerordentliche Kündigung. Die fristlose Entlassung ist zugleich die wohl drastischste Form der Kündigung. Sie kann daher nur in besonders schweren Fällen ausgesprochen werden.
Zu den Gründen für eine fristlose Kündigung gehören beispielsweise eine Straftat (Diebstahl, Bestechung, Betrug, Unterschlagung, …) oder ein erheblicher Pflichtverstoß (Betriebsspionage, Rufschädigung, …), der die weitere Zusammenarbeit für den Arbeitgeber unmöglich macht. In den meisten Fällen muss der Chef aber zuvor eine Abmahnung aussprechen, die den Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten hinweist und ihm klarmacht, dass weitere Verstöße Konsequenzen haben. Betriebsspionage, schwerer Diebstahl und schwere Beleidigungen („Sie Arschloch!“) können mitunter aber zur sofortigen Entlassung führen.
Das ausführliche Dossier dazu finden Sie hier:
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[Bildnachweis: Dragana Gordic by Shutterstock.com]
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