Was ist Arbeiterlosigkeit?
Arbeiterlosigkeit ist eine sprachliche Neuschöpfung. Der Begriff ist praktisch gleichbedeutend mit Fachkräftemangel – er klingt nur geschmeidiger und weniger bürokratisch. Arbeiterlosigkeit ist das Gegenstück zur Arbeitslosigkeit. Arbeiterlosigkeit beschreibt den Arbeitsmarkt der Zukunft, während Arbeitslosigkeit in weiten Teilen den Arbeitsmarkt der Vergangenheit wiedergibt.
Woher kommt der Begriff?
Der Begriff geht nicht – wie oft behauptet – auf den Stepstone-CEO Sebastian Dettmers zurück, der sagte: „Die Arbeiterlosigkeit ist neben der Klimakrise die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts.“ Tatsächlich stammt der Begriff „Arbeiterlosigkeit“ von dem österreichischen Philosophen Günther Anders, der diesen schon in den 1980er-Jahren nutze. Zitat: „Worauf heutige Unternehmer aus sind, und das nicht nur in der kapitalistischen Welt, ist nicht Arbeitslosigkeit des Arbeiters, sondern Arbeiterlosigkeit ihrer Betriebe.“ (Quelle: „Die Antiquiertheit des Menschen“, C.H. Beck Verlag 1987).
Wo gibt es sie schon heute?
Viele Unternehmen haben schon heute große Probleme, geeignete Mitarbeiter zu finden. Die Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit liefert Jahr für Jahr eine Übersicht über die am stärksten betroffenen Berufsbilder. Evident sind die Lücken in der IT, bei Ingenieuren, in Gesundheitsberufen, im Handwerk und in der Gastronomie. Das Probleme betrifft keineswegs nur Deutschland, sondern praktisch alle Industrieländer, darunter die USA, Großbritannien, Australien oder Japan.
Was bedeutet Arbeiterlosigkeit für mich?
Arbeiterlosigkeit bringt Vorteile für Arbeitnehmer und Nachteile für Unternehmen? Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Die grassierende Knappheit an Bewerbern könnte den Arbeitsmarkt komplett neu ordnen. Das sind mögliche Folgen:
- Jobsuche:
Gut ausgebildete Fachkräfte profitieren von der Arbeiterlosigkeit insofern, als dass sie aus mehr und besseren Jobangeboten werden auswählen können. Weniger Konkurrenz, mehr Verhandlungsmasse, bessere Rahmenbedingungen, höhere Gehälter – gute Aussichten nicht nur für Hochqualifizierte. Ihre Erwartungen an Arbeitgeber werden steigen. - Anforderungen:
Auf Arbeitnehmer könnten zugleich höhere Belastungen zukommen. Aufgaben verschwinden nicht, nur weil es in der Firma keinen mehr gibt, der sich ihrer annimmt. So kann die Arbeiterlosigkeit auch zu höheren Anforderungen, Mehrbelastung, Arbeitsverdichtung und Burnouts führen. - Wirtschaftswachstum:
Wenn Stellen nicht besetzt werden können, leidet die Wirtschaft insgesamt. Das Wirtschaftswachstum könnte rapide sinken, stagnieren oder sogar zurückgehen – und die dadurch wiederum die Zahl der verfügbaren Stellen drücken. - Selbstständigkeit:
Wer als Freelancer arbeiten will, wird vermutlich aus mehr Aufträgen auswählen können. Freiberufler bleiben in Mangelberufen begehrt, Unternehmen können durch sie Aufträge erledigen und sich gleichzeitig personelle und finanzielle Flexibilität erhalten. Potenzielle Gründer jedoch könnten Probleme bekommen. Für eine Unternehmensgründung brauchen sie Mitarbeiter. Die zu finden wird immer schwerer. - Alltag:
Arbeiterlosigkeit könnte sich massiv im Alltag bemerkbar werden. Zu wenige Kurierfahrer, die Pakete abliefern. Keine Elektriker, die Reparaturen durchführen. Kaum noch Pfleger, die sich um Oma oder Opa kümmern. Das Leben wird – vielleicht – ein ganzes Stückchen unbequemer.
Was können Unternehmen gegen Arbeiterlosigkeit tun?
So können Unternehmen mit der Arbeiterlosigkeit umgehen:
- Employer Branding intensivieren:
Die Arbeitgebermarke wird für Unternehmen noch wichtiger. Nur wer seinen Mitarbeitern Remote-Work und Home Office, familienfreundliche Arbeitszeiten oder Gleitzeit anbietet, kann in Zeiten der Arbeiterlosigkeit auf dem Arbeitsmarkt punkten. Der Arbeitgebermarkt wird endgültig zum Arbeitnehmermarkt. - Neue Zielgruppen ansprechen:
Die eigene Belegschaft heterogener machen – das kann ein wirksames Rezept gegen Arbeiterlosigkeit sein. Zu Zielgruppen, aus denen mögliche Mitarbeiter der Zukunft verstärkt rekrutiert werden können, zählen Geringqualifizierte, Migranten, Mütter, Alleinerziehende, Ältere oder Quereinsteiger. - Einwanderer an Bord holen:
Einwanderung von Fachkräften gilt als Trumpfkarte. Doch dürfte es in Zukunft noch schwerer werden, Top-Kräfte nach Deutschland zu holen. Der War for Talents wird global. Auch die Vereinigten Staaten, Kanada, Australien, Großbritannien, andere EU-Länder wildern weltweit. In Zukunft könnten asiatische Staaten wie Japan, China, Südkorea, Saudi-Arabien hinzukommen. Hilfe bei Bürokratie und Behördengängen sowie einwandfreies Onboarding gewinnen an Bedeutung. - Produktivität erhöhen:
Wenn weniger Mitarbeiter zur Verfügung stehen, müssen die, die da sind, produktiver werden. Dafür ist es wichtig, dass sie effektiv und an der richtigen Stelle eingesetzt werden. Der Passung kommt eine größere Bedeutung zu – und den Bewerbungsverfahren, die sie eruieren sollen. Weiterbildung wird ein Top-Thema.