Welche Fragen sind im Vorstellungsgespräch verboten?
Fehlbesetzungen sind für Arbeitgeber teuer. Deshalb ist es durchaus verständlich, dass manch übereifrige Personalentscheider ihr Unternehmen vor möglichen Kosten bewahren wollen. Auch hat der Arbeitgeber ein grundsätzliches Fragerecht. Illegal und verboten bleiben manche Fragen im Bewerbungsgespräch aber trotzdem. Denn umgekehrt haben Bewerber auch ein Recht auf Privatsphäre. Sobald sich das Jobinterview in diesem Spannungsfeld bewegt, wird es für Personalverantwortliche eng, und sie bewegen sich mindestens in einer rechtlichen Grauzone.
Die Fragen sind im Vorstellungsgespräch unzulässig und damit verboten:
Fragen zur Familienplanung
Unzulässig sind Fragen im Bewerbungsgespräch…
- zum Familienstand
- zur sexuellen Neigung
- zu einer bestehenden Schwangerschaft
- zum Kinderwunsch
- zur Tätigkeit des Partners
- zu den anderen Familienmitgliedern oder Verwandten
Fragen zur gesundheitlichen Situation
Verboten sind Fragen im Jobinterview…
- zum derzeitigen Gesundheitszustand
- zu einer vorhandenen Behinderung
- zur vergangenen Erkrankungen (inklusive Dauer)
- zu schweren Krankheiten in der Familie
Fragen zu privaten Ansichten
Unzulässig sind Fragen im Vorstellungsgespräch…
- zur Religion und Konfession
- zu einer Parteizugehörigkeit
- zur Gewerkschaftszugehörigkeit
Generelle Fragen zur Person
Verboten sind Fragen im Bewerbungsgespräch…
- zum Alter
- zur Herkunft
- zu Vorstrafen, Straftaten oder Gefängnisaufenthalten
- zum Umgang mit Geld
- zu einer möglichen Verschuldung
- zu den Vermögensverhältnissen in der Familie
- zum Privatleben allgemein
Lesetipp: Kann ich mich auch anonym bewerben?
Warum sind die Fragen im Vorstellungsgespräch unzulässig?
Hintergrund ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG, auch Antidiskriminierungsgesetz genannt). Es verbietet, dass Bewerber aufgrund persönlicher, politischer oder religiöser Merkmale abgelehnt werden. Andernfalls können sie auf Schadenersatz klagen.
Nur ist es auch hier wie so oft: Ganz eindeutig lässt sich das AGG nicht immer auslegen. So können Bewerber im Zweifelsfall oft schwer beweisen, dass sie tatsächlich aufgrund ihrer Familienplanung, Herkunft oder wegen ihres Alters abgelehnt wurden und nicht etwa aus fachlichen Gründen.
Warum stellen Arbeitgeber verbotene Fragen im Vorstellungsgespräch?
Arbeitgeber wollen möglichst viel über einen Bewerber erfahren. Je mehr Informationen sie haben, desto besser können sie einschätzen, ob ein Kandidat über die für den Job notwendigen Fähigkeiten und Eigenschaften verfügt und ins Unternehmen oder Team passt. Nicht zuletzt lassen sich durch einen Informationsvorsprung Kosten sparen.
Daher scheren sich manche Arbeitgeber nicht um verbotene oder unzulässige Fragen – und fragen trotzdem. Manche gehen das Risiko bewusst ein, weil sie denken, dass die Vorteile die Risiken überwiegen. Andere spekulieren darauf, dass Bewerber nicht um ihre Rechte wissen und wahrheitsgemäß auf verbotene Fragen im Vorstellungsgespräch antworten.
Wie können Arbeitgeber das Verbot umgehen?
Durch eine clevere Fragetaktik können Personaler die Verbote auch aushebeln und auf ganz legale Weise Antworten auf unzulässige Fragen finden. So ist beispielsweise die Frage nach dem Alter eigentlich verboten. Gleichzeitig darf der Personaler die Frage nach der beruflichen Erfahrung stellen – was wiederum indirekt Aufschluss über das mögliche Alter gibt. Ähnlich ist es bei der Frage nach der Herkunft: Die ist so verboten. Erlaubt ist aber, nach der Muttersprache zu fragen.
Wie reagiere ich auf unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch?
Bewerber haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten, wie sie auf unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch reagieren können:
- Sie dürfen die Frage ablehnen beziehungsweise antworten, dass Sie diese nicht beantworten wollen (und werden).
- Sie dürfen mit einer Lüge antworten.
Da die Nichtbeantwortung einer Frage immer latent renitent wirkt, hat das in der Regel negative Folgen für die Einstellung. Kurz: Wer trotzig wird, bekommt den Job oft nicht mehr. Dann natürlich aus – vorgeschobenen – anderen Gründen. Deshalb hat der Gesetzgeber schon vor einiger Zeit entschieden, dass Bewerber bei unberechtigten und unzulässigen Fragen im Vorstellungsgespräch auch einfach lügen dürfen. Sprich: Sie dürfen eine „erwünschte“ Antwort geben, auch wenn diese nicht der Wahrheit entspricht.
Sind Sie schwanger?
Zu den bekanntesten unzulässigen Fragen im Bewerbungsgespräch gehört die nach einer gegenwärtigen oder geplanten Schwangerschaft. „Sind Sie schwanger?“ Oder: „Wollen Sie schwanger werden?“ Bewerberinnen müssen diese Fragen nicht beantworten. Sie können darauf sogar lügen – selbst wenn es sich bei der avisierten Stelle um eine Schwangerschaftsvertretung handelt.
So passiert vor einigen Jahren in Köln: Eine Bewerberin sollte befristet als Schwangerschaftsvertretung eingestellt werden. Doch sie war selbst schwanger und verheimlichte dies. Der Fall landete vor Gericht. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Köln (Az.: 6 Sa 641/12) musste die Frau dem Arbeitgeber vor Abschluss des Arbeitsvertrages auch in diesem Fall nicht offenbaren, dass sie schwanger war. Die Anfechtung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber war damit unwirksam.
Wie kann ich auf verbotene Fragen antworten?
Sie können zum Beispiel auf die Frage nach einer momentanen Schwangerschaft im Bewerbungsgespräch einfach mit „Nein, ich bin nicht schwanger“ antworten – auch dann, wenn Sie es in Wahrheit doch sind. „Planen Sie, schwanger zu werden?“ Darauf könnten Sie guten Gewissens und ganz legal mit „Meine Familienplanung ist abgeschlossen“ antworten – selbst dann, wenn Sie unbedingt in zwei oder drei Jahren noch ein Baby bekommen möchten.
Wann muss ich unzulässige Fragen beantworten?
Wenn die entsprechenden Informationen für die Stelle relevant sind, müssen Bewerber eigentlich unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch wahrheitsgemäß beantworten. Am Ende hängt es also doch wieder vom Einzelfall ab.
So muss beispielsweise die Frage nach einer Schwangerschaft in Ausnahmefällen doch wahrheitsgetreu beantwortet werden. Handelt es sich nämlich um einen Job, bei dem Schwangere nur bedingt oder gar nicht eingesetzt werden können – beispielsweise weil ihre Gesundheit oder die des Kindes sonst gefährdet wäre oder weil die Schwangerschaft den körperlichen Einsatz der Frau beeinträchtigt — dann darf der künftige Chef sehr wohl nach einer Schwangerschaft fragen und eine korrekte Antwort erwarten. Andernfalls hat der Arbeitgeber das Recht zur Anfechtung des Vertrages. Dies kann zum Beispiel bei einem Model oder einer Tänzerin der Fall sein.
Fragen zu Vorstrafen wiederum sind bei Juristen oder angehenden Polizisten legitim; Fragen zu den Vermögensverhältnissen, insbesondere Schulden, zum Beispiel bei Bankangestellten oder Kassierern, von denen ein verantwortungsvoller Umgang mit Geld erwartet wird.
Was hat es mit der Offenbarungspflicht auf sich?
In manchen Fällen unterliegt der Bewerber sogar einer sogenannten Offenbarungspflicht. Das heißt, der Bewerber muss von sich aus den Arbeitgeber darüber informieren. Das gilt zum Beispiel bei…
- einer Verurteilung zu einer Haftstrafe, sofern die in nächster Zeit angetreten wird und länger dauert.
- einer ansteckenden Krankheit, sofern eine Gefährdung der Kollegen vorliegt.
- einer schweren Krankheit/Schwerbehinderung, sofern diese ihn von vornherein an der Ausübung hindert.
- einem Wettbewerbsverbot durch die vorherige Arbeitsstelle, sofern der potenzielle Arbeitgeber im Wettbewerb mit dem alten steht.
In einigen dieser Fälle kann der Arbeitgeber unter Umständen sogar auf Schadensersatz klagen, sollte der Arbeitnehmer berechtigte Fragen falsch und nicht wahrheitsgemäß beantwortet haben.
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