Muss ich in der Ausbildung Überstunden machen?
Grundsätzlich sind Lehrlinge NICHT dazu verpflichtet, während ihrer Ausbildungszeit Überstunden zu machen. Eine Pflicht zur Leistung von Überstunden besteht nur, wenn dies im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung ausdrücklich geregelt ist oder wenn es sich um einen absoluten Notfall handelt (z.B. um eine Naturkatastrophe). Für minderjährige und erwachsene Azubis gelten dabei teils unterschiedliche Bestimmungen. Die im Berufsausbildungsvertrag oder Tarifvertrag festgelegten Arbeitszeiten sollen in der Regel ausreichen, um die Lerninhalte richtig zu vermitteln. Lehrlinge können aber Überstunden ableisten, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Diese Voraussetzungen müssen für Überstunden während der Ausbildung erfüllt sein:
- Die Überstunden dürfen nicht verpflichtend sein, sondern müssen auf freiwilliger Basis vom Azubi abgeleistet werden.
- Es müssen in dieser Zeit Ausbildungsinhalte vermittelt werden.
- Ein Ausbilder des Betriebs sollte dem Azubi betreuend zur Seite stehen.
- Es handelt sich um einen betrieblichen Notfall, für den kein anderer Beschäftigter zur Verfügung steht und der Lehrling „vorübergehende und unaufschiebbare Arbeiten“ übernimmt.
- Der Auszubildende kann die Überstunden in der nächsten Zeit wieder abfeiern.
Was bedeutet das konkret?
Die Überstunden eines Azubis müssen immer im Zusammenhang mit der Ausbildung stehen. Arbeiten, die nichts mit Ihrer Ausbildung zu tun haben (Hof fegen, Botengänge usw.) müssen Sie als Lehrling nach dem regulären Feierabend nicht erledigen. Das können Sie allenfalls freiwillig tun – dann sind es aber keine Überstunden mehr.
Lesetipp: Was sind Minusstunden?
Müssen minderjährige Azubis Überstunden machen?
Minderjährige Auszubildende können ausnahmsweise eine halbe Stunde pro Tag mehr arbeiten, sofern die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Generell sind für minderjährige Azubis aber keine Überstunden vorgesehen. Das Jugendarbeitsschutzgesetz begrenzt ihre Arbeitszeit auf acht Stunden täglich und 40 Stunden in der Woche. Fixiert der Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag kürzere Arbeitszeiten, dann sind diese maßgebend. Leistet der minderjährige Lehrling Überstunden, dann muss er spätestens innerhalb der nächsten drei Wochen einen Freizeitausgleich erhalten. Das heißt, er bekommt für die Dauer der Überstunden frei.
Müssen volljährige Azubis Überstunden machen?
Wer über 18 Jahre alt ist, der darf zwei Stunden pro Tag mehr arbeiten – vorausgesetzt, die Bedingungen für Überstunden sind erfüllt. Prinzipiell gilt für volljährige Azubis der Acht-Stunden-Tag. In Ausnahmefällen dürfen sie bis zu zehn Stunden am Tag arbeiten. Volljährige Lehrlinge erhalten ebenfalls einen Ausgleich für ihre Überstunden und müssen sie spätestens innerhalb der nächsten fünf Wochen abfeiern können. Steht ein Feiertag bevor, können Azubis auch Überstunden leisten, um ihren Freizeitausgleich für einen Brückentag zu nutzen. Einen Überstundenzuschlag sieht das Gesetz nicht vor. Allerdings kann in Arbeits- oder Tarifverträgen festgeschrieben sein, dass die Lehrlinge eine finanzielle Vergütung statt eines Freizeitausgleichs für ihre Überstunden erhalten.
Wie kann ich mich in der Ausbildung gegen Überstunden wehren?
Unberechtigte Überstundenforderungen Ihres Arbeitgebers können Sie als Auszubildender verweigern. Wenn Sie daraufhin von Ihrem Arbeitgeber eine Abmahnung oder gar die Kündigung erhalten, ist diese unwirksam. Eine Pflicht, Überstunde zu machen, gibt es für Azubis nur in absoluten Ausnahmefällen, zum Beispiel im Falle einer Naturkatastrophe oder wenn es im Ausbildungsvertrag explizit geregelt ist.
Also nur Mut!
Sprechen Sie das Thema – freundlich und respektvoll – an, wenn Sie das Gefühl haben, die Überstunden gehören nicht zu Ihrer Ausbildung. Als billige Arbeitskraft müssen sich Auszubildende nicht missbrauchen lassen.
Wie lange können Azubis Überstunden geltend machen?
Azubis können Überstunden selbst nach Beendigung der Ausbildung noch geltend machen – also einen Freizeitausgleich oder eine Vergütung erhalten. Um Ihre Ansprüche einfordern zu können, sollten Sie allerdings detailliert aufschreiben (Datum, Uhrzeiten), wann Sie Überstunden geleistet und was Sie in dieser Zeit gearbeitet haben. Außerdem sollten Sie das Thema bei Ihrem Ausbildungsbetrieb ansprechen. Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht. Ihnen einfach kündigen, weil Sie ihn auf Ihre Rechte ansprechen, darf er nicht. Wenn sich daraufhin keine Einigung ergibt, holen Sie sich Unterstützung vom Betriebsrat, Personalrat oder der Jugend- und Auszubildendenvertretung.
Volljährige Auszubildende dürfen nicht länger als sechs Stunden am Stück ohne Pause arbeiten.
Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden haben volljährige Auszubildende Anspruch auf eine Pause von mindestens 30 Minuten, bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden von mindestens 45 Minuten.
Die Pausen können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden.
Auszubildende unter 18 dürfen nicht länger als viereinhalb Stunden am Stück ohne Pause arbeiten.
Bei einer Arbeitszeit von mehr als viereinhalb bis zu sechs Stunden haben minderjährige Auszubildende Anspruch auf eine Pause von mindestens 30 Minuten, bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden von mindestens 60 Minuten.
Ihre Pausen müssen minderjährige Lehrlinge frühestens eine Stunde nach Beginn und spätestens eine Stunde vor Ende der Arbeitszeit machen.