Muss ich im Home Office feste Arbeitszeiten einhalten?
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber ein Weisungsrecht. Es gilt auch für die Arbeit im Home Office. Er kann somit die Arbeitszeiten der Beschäftigten – solange sie sich im gesetzlichen Rahmen bewegen – festlegen. Die üblichen betrieblichen Arbeitszeiten gelten dann auch für die Heimarbeiter.
Theoretisch müsste der Arbeitgeber die Einhaltung der Arbeitszeiten stichprobenartig überprüfen. Dass dies in der Praxis manchmal schwierig bis unmöglich ist, versteht sich von selbst. Eine Möglichkeit, um diesem Problem technisch zu begegnen, ist es, Server und Postfächer außerhalb der vorgegebenen Arbeitszeit für die Heimarbeiter zu sperren. Der Arbeitgeber kann natürlich auch Vertrauensarbeitszeit zur Norm machen und die Verantwortung so in die Hände der Mitarbeiter legen.
Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, hat dieser ein Mitbestimmungsrecht. Häufig handelt der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber Regelungen zu Gleitzeit, Kernarbeitszeiten und flexiblen Arbeitszeiten aus. Diese gelten dann auch für die Beschäftigten, die zuhause arbeiten.
Das Home Office ist also kein (arbeits)rechtsfreier Raum. Arbeitszeiten müssen auch im Heimbüro eingehalten werden. Immerhin dient dies auch dem Schutz des Arbeitnehmers. Länger als acht Stunden pro Tag darf dieser nicht arbeiten. In Paragraph 3 des Arbeitszeitgesetzes heißt es:
- Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
Längere Arbeitszeiten wegen Corona!
In Corona-Krisenzeiten gibt es Ausnahmen von der Acht-Stunden-Regel. Bis Ende Juni 2020 wird das Arbeitszeitgesetz vom Bundesarbeitsministerium per Rechtsordnung gelockert. Damit sind jetzt Arbeitstage von bis zu zwölf Stunden erlaubt, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Bedingung: Die Tätigkeit muss notwendig sein zur Aufrechterhaltung…
- der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
- des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung
- der Daseinsvorsorge
- zur Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern
Wie sind Pausen und Ruhezeiten im Home Office geregelt?
Es gelten die Pausen und Ruhezeiten, wie sie das Arbeitszeitgesetz vorgibt. Arbeitnehmer, die mehr als sechs Stunden arbeiten, haben Anspruch auf mindestens 30 Minuten Pause. Bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden pro Tag müssen es mindestens 45 Minuten Pause sein. Dem Arbeitgeber steht es übrigens frei, längere Pausen zu gewähren.
Die Pausen müssen auch nicht am Stück genommen, sondern können in kleine Blöcke aufgeteilt werden. Der Gang zur Toilette zählt offiziell nicht als Pause, sondern als kurze Unterbrechung, die nicht von der Arbeitszeit abgezogen wird. Für Raucherpausen wiederum gibt es in den meisten Betrieben eine eigene Regelung – diese müssen auch Heimarbeiter beachten.
Im Arbeitszeitgesetz heißt es in Paragraph 4:
- Die Arbeit ist durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.
Und auch zwischen den Arbeitsschichten müssen die zeitlichen Abstände groß genug sein. So haben Arbeitnehmer laut Gesetz zwischen dem Feierabend und dem Beginn des nächsten Arbeitstages elf Stunden Ruhezeit einzuhalten. Demnach ist es zum Beispiel nicht gestattet, im Heimbüro bis 23 Uhr zu arbeiten, um am nächsten Tag wieder um 6 Uhr zu starten.
Kürzere Pausen wegen Corona!
Bis Ende Juni 2020 wird die gesetzliche Mindestruhezeit zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn von elf auf neun Stunden verringert – die Corona-Krise macht’s möglich.
Kürzere Ruhezeiten sind demnach rechtens, aber nur in bestimmten Berufen (siehe Kasten oben). Beispiel: Sie arbeiten abends bis 23 Uhr und fangen am kommenden Tag wieder um 8 Uhr an. Zuvor nicht gestattet, jetzt vorerst erlaubt!
Muss ich im Home Office durchgängig erreichbar sein?
Prinzipiell: Nein. Mitarbeiter müssen im Home Office nicht permanent für den Arbeitgeber erreichbar sein. Während ihrer Arbeitszeit müssen sie erreichbar sein, in ihrer Freizeit (und in einer Pause) hingegen nicht.
Komplizierter wird es, wenn der Betrieb Ihnen freie Zeiteinteilung im Home Office gewährt. Der Arbeitnehmer kann dann frei entscheiden, wann er am Schreibtisch sitzt, wann er eine Pause macht und wann er die Arbeitszeit unterbricht.
Damit es in diesem Szenario nicht zu Missverständnissen kommt, ist es ratsam, feste Regelungen mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Zum Beispiel, indem man fixe Zeitblöcke abspricht, zu denen man erreichbar ist. Oder indem der Arbeitgeber immer zu einer bestimmten Uhrzeit anruft, um sich nach dem Status Quo zu erkundigen.
Fehlen derartige Vereinbarungen, könnte es auf beiden Seiten knirschen. Bei einem Arbeitgeber, der seinen Mitarbeiter nie erreicht, schwindet womöglich das Vertrauen. Ein Arbeitnehmer wiederum gewöhnt sich vielleicht an die ständige Erreichbarkeit – mit negativen Folgen für Stresslevel und Gesundheit.
Darf ich sonntags im Home Office arbeiten?
Paragraph 9 des Arbeitszeitgesetzes sagt klipp und klar:
- Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden.
Im Folgenden listet das Gesetz aber zahlreiche Ausnahmefälle auf. Erlaubt ist Sonntags- und Feiertagsarbeit demnach für alle Arbeiten, die nicht an Werktagen vorgenommen werden können, zum Beispiel in Krankenhäusern, Gaststätten oder im Sport. Die wenigsten davon können freilich im Home Office geleistet werden. Abweichungen von der Sonn- und Feiertagsruhe können aber auch in einem Tarifvertrag enthalten sein.
15 Sonntage im Jahr müssen in jedem Fall arbeitsfrei bleiben. Zudem hat jeder Arbeitnehmer, der an einem Sonntag arbeiten muss, Anspruch auf einen Ersatzruhetag unter der Woche. Oft beinhaltet Sonntagsarbeit auch einen Lohnzuschlag.
Wie wird die Arbeitszeit im Home Office erfasst?
Aktuell müssen Arbeitgeber grundsätzlich nur die Überstunden, Mehrarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit erfassen. Schon dies erweist sich im Home Office mitunter als schwierig.
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof vom 14. Mai 2019 könnte die eingeübte Praxis für Unternehmen durcheinanderwirbeln. Demnach müssen Arbeitgeber von ihrem jeweiligen Staat verpflichtet werden, ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“ einzurichten, mit dem die von jedem Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.
Wie sich das Urteil letztlich auf den Arbeitsalltag im Home Office und die Home Office Arbeitszeiten auswirken wird, ist noch offen und hängt von der Ausgestaltung des Urteils durch die Bundesregierung ab.
Realistisch erscheint es, dass Arbeitgeber die Aufgabe der Arbeitszeiterfassung auch in Zukunft hauptsächlich auf den Arbeitnehmer delegieren werden. Sie könnten ihm zum Beispiel ein System bereitstellen – ob analog oder digital – mit dem er möglichst unkompliziert seine Arbeitszeiten erfassen kann.
Es empfiehlt sich sicherlich – sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer – schon jetzt nach möglichen Lösungen zu suchen.