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Was sind die Herausforderungen im Homeoffice?

Ein Gastbeitrag von Philipp Stelzel

Die Corona-Krise hat dem Homeoffice endgültig zum Durchbruch verholfen. Das Arbeiten von Zuhause aus, wird auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsalltags bleiben. Doch nicht alle Angestellten tun sich damit leicht: Bei einer ifo-Umfrage sagten 19 Prozent der Beschäftigten, dass das Homeoffice sie weniger produktiv mache. Was sind die Herausforderungen im Homeoffice? Was sollten Betroffene beachten?


Was sind die Herausforderungen im Homeoffice?

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Senkt das Homeoffice die Produktivität?

Weniger Produktivität durch Homeoffice? Die Gründe dafür können vielfältig sein. Oft liegt es am Umfeld: Während die Umgebung am Arbeitsplatz auf Arbeit ausgerichtet ist, lauern daheim viele Ablenkungen: Kinder, Haustiere oder Lebenspartner. In der Küche muss das Geschirr, im Badezimmer die Wäsche gemacht werden. Und im Wohnzimmer warten Fernseher und Spielekonsole auf Sie. Umso wichtiger ist es, beim Arbeiten im Homeoffice Routinen aufzubauen, um Ablenkungen zu vermeiden und um während der Arbeitszeit produktiv zu bleiben.

Was ist der Nutzen von Routinen & Gewohnheiten?

Jede Sekunde prasseln Millionen Sinneseindrücke auf uns ein. Unser Gehirn kann aber nur wenige Sinneseindrücke gleichzeitig verarbeiten. Daher schaltet es bei vielen Dingen auf Autopilot.

Das merken Sie zum Beispiel beim Autofahren: Als Fahranfänger scheint es unmöglich, im Straßenverkehr zu navigieren, ohne dass Ihr Gehirn ständig in höchster Alarmbereitschaft ist. Sobald Sie etwas Routine haben, werden Sie entspannter. Irgenwann stellen Sie fest, eine weite Strecke gefahren zu sein, ohne das bewusst zu bemerken. Das Autofahren ist zur Gewohnheit geworden. Jetzt kann sich das Gehirn parallel mit anderen Dingen beschäftigen.

Warum habe ich dann mehr Willenskraft für wichtige Dinge?

Gewohnheiten helfen uns dabei, Dinge zu tun, für die wir sonst viel Willenskraft aufwenden müssten. Arnold Schwarzenegger schrieb zum Beispiel in seiner Autobiografie „Total Recall“, dass er für möglichst viele Bereiche seines Alltags Routinen definierte, um mehr Willenskraft für die wirklich wichtigen Dinge zu bewahren.

Handlungen werden allerdings erst dann zur Gewohnheit, wenn wir sie regelmäßig tun. Je öfter Sie Zahnseide am Morgen verwenden, desto leichter wird es Ihnen fallen, zukünftig daran zu denken. Um den Punkt zu erreichen, an dem das Verwenden der Zahnseide zum Automatismus wird, müssten Sie zuerst eine Routine etablieren.

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Was ist der Unterschied zwischen Routine und Gewohnheit?

Im täglichen Sprachgebrauch wird oft nicht zwischen Ritual und Gewohnheit unterschieden. Beide Wörter werden im Alltag für Handlungen verwendet, die regelmäßig durchgeführt werden. Das ist zwar richtig. Es gibt aber einen wichtigen Unterschied:

  • Gewohnheiten sind Handlungen, die wir reflexartig ausführen. Deshalb benötigen wir nur wenig Willenskraft, um sie durchzuführen.
  • Rituale sind dagegen bewusst durchgeführte Handlungen, für die wir Willenskraft benötigen. Dadurch können wir Rituale bewusst auswählen und an unsere Lebenssituation anpassen.

Wie lange dauert es, bis Routinen zur Gewohnheiten werden?

Dieser Frage hat sich schon Dr. Maxwell Maltz gestellt. Er war ein renommierter Schönheitschirurg in den 1950er Jahren. Bei seiner Arbeit stellte er fest, dass seine Patienten nach einer Nasenkorrektur im Durchschnitt 21 Tage brauchten, um sich an ihr neues Antlitz zu gewöhnen. Ähnlich war die Situation bei Arm- oder Beinamputationen: Die meisten Patienten verspürten in den ersten 21 Tagen Phantomschmerzen, bis sie sich an die neue Situation gewöhnt hatten.

Die Erfahrungen veranlassten ihn darüber nachzudenken, wie lange er selbst brauchte, um sich an neue Situationen zu gewöhnen. Resultat: Es waren ebenfalls mindestens 21 Tage. Die Erkenntnis veröffentlichte er in seinem Buch „Psycho-Cybernetics“, Zitat: „Diese und viele andere oft beobachtete Phänomene scheinen zu zeigen, dass es eine Mindestdauer von 21 Tagen braucht, um ein altes geistiges Bild von sich selbst zu verwerfen und ein neues anzunehmen.“

21 oder 66 Tage für eine neue Gewohnheit?

Dieser Satz wurde in den folgenden Jahrzehnten von vielen Coaches immer wieder zitiert, die wiederum von anderen Coaches, Trainern und Beratern zitiert wurden. Wie beim „Stille Post Prinzip“ wurde die Aussage immer mehr verkürzt, sodass es heute oft nur noch heißt: Man braucht 21 Tage, um eine neue Gewohnheit zu etablieren. Falsch! Die Original-Aussage von Dr. Maltz war: Es benötigt MINDESTENS 21 Tage für neue Gewohnheit.

Damit lag Maltz ziemlich richtig: 2009 wurde eine Studie im European Journal of Social Psychology veröffentlicht, wonach es im Durchschnitt bis zu 66 Tage dauert, bis aus einem neuen Ablauf eine Gewohnheit wird. Wobei der gesamte Zeitraum im Rahmen der Studie zwischen mindestens 18 und 254 Tagen schwankte.

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Welche Gewohnheiten können Ihnen im Homeoffice helfen?

Auch im Homeoffice können Routinen und Gewohnheiten eine große Hilfe sein, um Aufgaben (rechtzeitig) zu beenden und Willenskraft zu sparen. Wichtig ist, dass Sie im ersten Schritt definieren, welche Aufgaben regelmäßig zu erledigen sind. Danach versuchen Sie, für diese Aufgaben eine tägliche Routine zu definieren.

Daneben helfen tägliche Gewohnheiten dabei, in den Arbeitsflow zu kommen. Das Problem des Homeoffices besteht darin, dass wir in unseren eigenen vier Wänden darauf konditioniert sind, Freizeitaktivitäten zu machen. So wie der Pawlow’sche Hund mit der Speichelproduktion anfing, wenn Pawlow die Glocke läutete, wechselt unser Körper in den Freizeitmodus, sobald wir uns in einer Freizeitumgebung befinden.

Die Kunst eines produktiven Homeoffices liegt deshalb darin, den Körper auch daheim auf Produktivität zu konditionieren. Sie können dazu gerne wie Pawlow eine Glocke benutzen. Einfacher ist es jedoch, wenn Sie Ihre Routinen aus dem Büroalltag im Homeoffice einfach weiterführen:

1. Arbeiten Sie mit regulären Arbeitszeiten

Versuchen Sie zur selben Zeit aufzustehen und zur selben Zeit am Arbeitsplatz zu sitzen. Ihr Körper hat sich schon daran gewöhnt, dass bestimmte Tageszeiten mit Arbeit verbunden sind. Versuchen Sie deshalb auch zu Hause zu denselben Zeiten produktiv zu sein.

2. Definieren Sie einen fixen Arbeitsplatz

Wichtig ist ebenfalls, dass Sie Ihren Arbeitsbereich und Ihren Privatbereich klar trennen. Idealerweise arbeiten Sie an einem Schreibtisch, den Sie nur für die Arbeit verwenden. Keinesfalls sollten Sie dort essen, Filme anschauen, Social-Media verwenden oder Computerspielen. Denn so konditionieren Sie Ihren Körper darauf, dass dieser Platz für die Arbeit reserviert ist.

3. Ziehen Sie sich Arbeitskleidung an

Für viele Menschen ist die Jogginghose die Uniform des Heimarbeiters. Idealerweise ziehen Sie legere Kleidung jedoch nur in der Freizeit an, während Sie am Schreibtisch professionelle Kleidung tragen: Denn auch so bekommt Ihr Körper den Hinweis, dass Sie nun im Arbeitsmodus sind.

Über den Autor
Philipp Stelzel leitet eine digitale Marketing-Agentur in Wien: Neben der Agenturarbeit beschäftigt er sich intensiv mit Themen wie Produktivität und lebenslanges Lernen. Seit 2018 teilt er sein Wissen auch als Lektor auf der Lernplattform Udemy.

[Bildnachweis: Bplanet by Shutterstock.com]

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