Wie wichtig ist Berufserfahrung?
Ohne Berufserfahrung ist die Jobsuche eine besondere Herausforderung. Die Auswahl von Positionen, auf die Sie sich bewerben können, ist deutlich kleiner. Einstiegspositionen sind auf Arbeitnehmer ohne Berufserfahrung ausgelegt, für alle anderen Jobs wird diese hingegen vorausgesetzt.
Wie wichtig Berufserfahrung ist, verdeutlicht eine Umfrage des Personaldienstleisters Manpower Group. Demnach sind 79 Prozent der Befragten der Ansicht, dass Berufserfahrung wichtiger sei als ein formeller Berufsabschluss. Dabei wird dieser keineswegs gering geschätzt. Mehr als die Hälfte der Deutschen sagte in der Umfrage, dass ein Berufsabschluss Vertrauen schaffe. Wer ihn nicht habe, könne seine Arbeit oft nicht richtig machen.
Das zeigt: Formelle Nachweise über die eigenen Qualifikationen sind wichtig. Berufserfahrung aber ist noch wichtiger.
Wird die fehlende Berufserfahrung zum Problem und erschwert die Jobsuche, sind Bewerber oft frustriert. Dabei wird die Frage laut: WARUM ist die Berufserfahrung eigentlich so wichtig und warum stellen viele Arbeitgeber nur Bewerber mit reichhaltigem Erfahrungsschatz ein?
Es mag sich aus Sicht von Jobsuchenden zum Teil unfair anfühlen, doch haben Unternehmen gute Gründe, warum sie gezielt nach Mitarbeitern mit Berufserfahrung suchen:
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Weniger Einarbeitung
Bringt ein neuer Mitarbeiter einschlägige Berufserfahrung mit, kann er in der Regel schneller selbstständig arbeiten, Verantwortung übernehmen und Leistung erbringen. Natürlich erfolgt eine Einarbeitung ins Team und in die Abläufe im Unternehmen, doch braucht er weniger Hilfestellung, um mit den Aufgaben des Jobs zurechtzukommen.
Das spart Zeit und ermöglicht dem Unternehmen eine bessere Planung. Gerade wenn es wichtig ist, dass die Stelle schnell besetzt wird und sofort Leistungen erbracht werden, ist die nötige Berufserfahrung besonders wichtig.
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Fähigkeiten und Kenntnisse
Manche Aufgaben sind mit besonders großer Verantwortung verbunden oder sind für den Gesamterfolg des Teams und des Unternehmens wichtig. Solche Positionen werden mit erfahrenen Mitarbeitern besetzt, die über das nötige Knowhow verfügen und deren Kenntnisse bereits über Jahre in der Praxis gewachsen sind.
Damit verbunden ist oft auch der richtige Umgang mit schwierigen Situationen. Wer diese in jahrelanger Berufserfahrung bereits häufiger durchlaufen hat, kann besser damit umgehen und richtig reagieren.
Lebenslauf schreiben, tragen Sie beim schulischen und beruflichen Werdegang verschiedene Stationen ein. Höchster Schulabschluss, Studium, Ausbildung, erste Jobs – die Möglichkeiten sind zahlreich.
Aber was davon gilt tatsächlich als Berufserfahrung?
Antwort: Es kommt darauf an. Ein Beispiel: Sie haben eine dreijährige Berufsausbildung absolviert und waren im Anschluss ein Jahr angestellt. Haben Sie nun vier Jahre Berufserfahrung oder lediglich ein Jahr? Gar nicht so einfach. Auf der einen Seite arbeiten Sie natürlich auch schon während der Ausbildung, doch wird diese in der Regel nicht als vollwertige Berufserfahrung betrachtet. So zählt hier lediglich das eine Berufsjahr als wirkliche Erfahrung im Job.
Auch ein Studium, selbst wenn es sehr praxisnah aufgebaut ist, zählt nicht zur Berufserfahrung. Studenten, die nach einer Regelstudienzeit von fünf Jahren mit einem Masterabschluss von der Universität kommen, haben damit zunächst noch keine Berufserfahrung gesammelt. Eine Ausnahme kann das duale Studium sein, indem gezielt während des Studium bereits Berufserfahrung gesammelt und praktisches Wissen vermittelt wird.
Wenn Sie angestellt sind, egal ob in Vollzeit, Teilzeit, befristet oder unbefristet, gilt dies immer als Berufserfahrung. Hier tun Sie genau das, was Unternehmen sich von erfahrenen Mitarbeitern wünschen: Sie arbeiten, erweitern Ihre Fähigkeiten und lernen mit den Herausforderungen des Jobs umzugehen.
Darüberhinaus gibt es weitere Möglichkeiten, um Berufserfahrung zu sammeln. Gerade vor dem tatsächlichen Berufseinstieg kann dies wichtig sein. Zum Beispiel folgende…
Wie kann ich Berufserfahrungen sammeln?
So können Sie Berufserfahrung sammeln:
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Praktika
Mit einem Praktikum lernen Sie nicht nur den Job besser kennen, sondern sammeln gleichzeitig Berufserfahrung, die Sie in der Bewerbung angeben können. Das kann ein Pflichtpraktikum im Rahmen eines Studiengangs sein oder ein freiwilliges Praktikum, das Sie beispielsweise bei Ihrem Wunscharbeitgeber absolvieren. Idealerweise dauert das Praktikum dabei nicht nur zwei Wochen, sondern zieht sich über mehrere Monate – allerdings muss dies auch mit dem Studium vereinbar sein. Es bieten sich deshalb die vorlesungsfreien Zeiten an.
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Studentenjobs
Studentenjobs sind oft notwendig, um die finanzielle Situation aufzubessern und den Kühlschrank zu füllen. Populär sind Minijobs und Aushilfsjobs im Einzelhandel oder in der Gastronomie. Doch sie liefern auch wertvolle Berufserfahrung. Ein weiterer Vorteil ist – wie beim Praktikum – dass Sie bereits wichtige Kontakte zu Unternehmen aufbauen und sich möglicherweise im Anschluss an Ihr Studium dort bewerben können. Besonders wertvoll sind Stellen als Werkstudent oder studentische Hilfskraft an der Uni.
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Freiberufliche Tätigkeiten
Nicht nur Festanstellungen als Arbeitnehmer gelten als Berufserfahrung. Wenn Sie als Freelancer Aufträge angenommen oder in Projekten mitgewirkt haben, sammeln Sie dabei ebenfalls Berufserfahrung. Für Studenten ist diese Variante eher selten, einige entscheiden sich jedoch dafür, nach dem Studium zunächst freiberuflich zu arbeiten, wenn es mit der Festanstellung aufgrund mangelnder Berufserfahrung noch nicht klappen will.
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Ehrenamtliche Tätigkeiten
Im Sportverein helfen, im Hospiz oder im Umweltschutz – die Möglichkeiten, sich ehrenamtlich zu betätigen, sind vielfältig. Für Arbeitgeber sind Ehrenämter ein Signal: Dieser Bewerber engagiert sich und er hat Werte. Ehrenämter machen Arbeit und lassen sich in der Rubrik Erfahrung verbuchen. Ihre Einstellungschancen dürfte das jedenfalls nicht reduzieren.
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Auslandsaufenthalte
Nicht bei jedem Trip ins Ausland sammelt man Berufserfahrung. Bei manchen aber schon. Eine Work-and-Travel-Reise nach Australien oder Kanada, bei der man auf dem Feld mitgeholfen oder Schafe geschoren hat, zeugt von Belastbarkeit und Eigenständigkeit. Große Pluspunkte! Auch eine Sprachreise – oder ganz exotisch: die Teilnahme an einem Hackathon im Ausland – könnte man geltend machen.
Was ist einschlägige Berufserfahrung?
Wenn ein Unternehmen in der Stellenausschreibung einschlägige Berufserfahrung einfordert, bedeutet das im Klartext: Für diese Position ist nur die Berufserfahrung von Bedeutung, die tatsächlich im gleichen Beruf oder einem verwandten Bereich gesammelt wurde. Ein Praktikum in einer vollkommen anderen Branche, die nichts mit dem Job zu tun hat, auf den Sie sich bewerben, bringt Ihnen kaum bis keine Pluspunkte beim Personaler.
Wird von einem Unternehmen eine einschlägige Berufserfahrung von drei Jahren verlangt, sollten Sie deshalb prüfen, ob Sie diese auch wirklich vorweisen können. Haben Sie bereits lange Jahre in genau diesem Job gearbeitet, ist die Lage eindeutig – haben Sie jedoch mehrmals die Branche gewechselt oder Praktika in unterschiedlichen Bereichen absolviert, sollten Sie zunächst überprüfen, ob diese relevant sind.
Neben der einschlägigen Berufserfahrung gibt es noch diese Formulierungen, auf die Sie in vielen Stellenanzeigen treffen:
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Erste Berufserfahrung
Von Berufseinsteigern wird oft erste Berufserfahrung gefordert. Im Prinzip will der Arbeitgeber „nur“ den Beweis, dass Sie ernsthaft an Beruf und Branche interessiert sind.
Beispiel: Sie bewerben sich für ein journalistisches Volontariat bei einer Tageszeitung, haben aber zuvor aber weder journalistische Praktika absolviert noch frei irgendwo mitgearbeitet. Bei der Schülerzeitung waren Sie auch nicht. In diesem Fall kämen Zweifel daran auf, ob Sie wirklich für den Job brennen oder Ihnen einfach nichts Besseres eingefallen ist.
Erste Berufserfahrung können Sie in einem Ferienjob gesammelt haben, in einem kurzen Praktikum oder bei einer freien Projektarbeit. Entscheidend ist: Der Arbeitgeber will erstens sehen, dass Sie keine Arbeitsallergie haben und sich in einen festen Arbeitsablauf einfügen können und zweitens, dass Sie Berührungspunkte mit und Interesse an seinem Metier haben.
Oft ist im Jobprofil die Rede davon, dass erste Berufserfahrung wünschenswert sei oder der Bewerber darüber idealerweise verfüge. Es handelt sich dann um eine Kann-Anforderung, nicht um eine Muss-Anforderung. Im Zweifel also immer bewerben, wenn Sie den Job wollen, selbst wenn Ihnen die erste Berufserfahrung in Wahrheit fehlt.
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Mehrjährige Berufserfahrung
Manchmal erwarten Unternehmen mehrjährige Berufserfahrung von einem Bewerber. Was damit genau gemeint ist, ist Auslegungssache. Als Richtwert können Sie sich merken: Wenn Sie fünf Jahre in einem Unternehmen tätig waren, verfügen Sie definitiv über mehrjährige Berufserfahrung.
Grundsätzlich sollten Sie sich als Bewerber nicht zu sehr von den großartigen Anforderungen in einer Stellenausschreibung einschüchtern lassen. Wenn dort also mehrjährige Berufserfahrung verlangt wird, Sie aber erst vor zweieinhalb Jahren in den Beruf eingestiegen sind, sollte Sie dieser Umstand nicht von einer Bewerbung abhalten.
Zudem gibt es viele Überschneidungen und Grauzonen. Beispiel: Sie sind Berufseinsteiger und arbeiten erst seit knapp zwei Jahren als Controller, haben dafür aber zuvor jahrelang als studentische Hilfskraft mit Schwerpunkt Accounting und Controlling gearbeitet. Diese Erfahrung sollten Sie bei Ihrer nächsten Bewerbung unbedingt in die Waagschale werfen.
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Fundierte Berufserfahrung
Fundierte Berufserfahrung müssen vor allem Fach- und Führungskräfte mitbringen. Wer sich auf eine Führungsposition bewirbt, benötigt Führungserfahrung und Branchenerfahrung von mehreren Jahren.
Als Berufseinsteiger oder Absolvent brauchen Sie sich erst gar nicht auf Stellen bewerben, in denen fundierte Berufserfahrung verlangt wird. Oder doch? Angenommen, Sie wollen als Quereinsteiger in den IT-Bereich, in dem Sie noch nie ihre Brötchen verdient haben. Dafür haben Sie als Autodidakt in Ihrer Freizeit mehrere Programmiersprachen gelernt und sind nach jahrelangem Training mittlerweile auf einem ziemlich hohen Level.
Sollten Sie sich nun auf eine Entwickler-Stelle bewerben, in denen fundierte Berufserfahrung eingefordert wird? Es kommt darauf an. Grundsätzlich aber: Eher ja. Die Wirtschaft lechzt nach IT-Fachleuten. Wo Sie Ihr Wissen und Knowhow gesammelt haben – im Weltkonzern im Silicon Valley, in einer Zwei-Mann-Bude in Buxtehude oder im Keller des eigenen Elternhaues – ist den meisten herzlich egal. Hauptsache, Sie beherrschen Ihr Handwerk.
In welchen Berufen zahlt sich Erfahrung aus?
Berufserfahrung macht sich bemerkbar, auch auf dem Konto. In manchen Berufen wächst das Gehalt mit steigender Erfahrung sehr stark an, in anderen Berufen nur quälend langsam.
Nach einer Auswertung der Gehaltsplattform gehalt.de ist der Gehaltsanstieg in diesen Berufen besonders beeindruckend:
- Patentingenieur
- Business Developer
- Justiziar
Patentingenieure mit bis zu drei Jahren Berufserfahrung kommen demnach auf Median-Bruttojahresgehälter von 50.500 Euro. Nach neun Jahren im Beruf ist ihr Einkommen auf 97.125 Euro angewachsen – ein Sprung von sagenhaften 94 Prozent innerhalb von neun Jahren.
Business Developer können sich über einen Zuwachs von 84 Prozent freuen – von 47.356 Euro auf 86.935 Euro. Justiziare springen um 75 Prozent von 47.786 Euro auf 83.659 Euro.
Bei den Ausbildungsberufen liegen Firmenkundenbetreuer in einer Bank mit einem Wachstum von 63 Prozent vorne – von 43.900 Euro auf 71.561 Euro. In Berufen mit niedrigem Gehaltsniveau (z.B. Kellner, Berufskraftfahrer) macht sich Berufserfahrung weniger bezahlt. Ein Friseur mit neun Jahren Erfahrung verdienen lediglich sieben Prozent mehr als zu Beginn seiner Karriere (von 20.192 auf 21.515 Euro).
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