Wann sollte man die Selbstständigkeit aufgeben?
Wer sich nach langer Zeit als Selbstständiger um eine Position als Angestellter bewirbt, sollte sich zunächst ehrlich nach den Gründen fragen, diesen Schritt zu unternehmen. Es macht keinen Sinn, sich hier etwas vorzumachen. Zuzugeben, dass sich das Leben und die Einstellung verändert haben, ist keine Schande. Welche Gründe dies genau sind, hängt vom Einzelfall ab. Die Häufigsten sind:
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Alter
Selbstständigkeit bedeutet Flexibilität und mitunter hohe Belastungen. In jungen Jahren mag dies für die meisten Selbstständigen kein Problem darstellen. Doch mit zunehmendem Alter schwinden die Ressourcen. Dabei muss es noch nicht einmal unbedingt die eigentliche Arbeitsbelastung sein, die einem zu viel wird – in den meisten Fällen ist es der organisatorische Aufwand und die geistige Flexibilität viele Aufgaben gedanklich unter einen Hut zu bekommen.
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Familie
Es kommt häufig vor, dass viele ihre Selbstständigkeit aufgeben, wenn sie eine Familie gründen. Zum einen, weil sie sich von einer Festanstellung mehr Zeit versprechen, die sie mit ihrer Familie verbringen können. Zum anderen spielen finanzielle Überlegungen wie die kostenlose Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Wegfall des unternehmerischen Risikos eine Rolle.
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Neugier
Nach einer gewissen Zeit im gleichen Beruf kann es vorkommen, dass man sich nach etwas Neuem sehnt. Doch mit einer komplett neuartigen Geschäftsidee eine weitere Existenz zu gründen, kann eine Hürde sein – zumal einem womöglich das Insiderwissen einer fremden Branche fehlt. Der Weg in eine Festanstellung, in der man Schritt für Schritt eine neue Herausforderung beginnen kann, mag da nahe liegen.
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Auftragslage
Schwankungen in der Auftragslage gehören für jeden Selbstständigen dazu. Es gibt umsatzstarke Zeiten und Phasen, in denen es weniger gut läuft und man auf Rücklagen zurückgreifen muss. Doch wenn sich dauerhaft abzeichnet, dass die Geschäftsidee keinen nennenswerten Gewinn abwirft, von dem man leben kann, ist es besser, seine Selbstständigkeit zu beenden, ehe man Schulden anhäuft.
Wie bewerbe ich mich aus der Selbstständigkeit?
Wer die Selbstständigkeit aufgibt, tut dies häufig aus einem Gefühl des Scheiterns heraus. Man haftet sich den Makel an, es nicht geschafft zu haben. Dieses defizitäre Denken behindert allerdings die Neuorientierung.
Machen Sie sich vielmehr klar, welche Ressourcen Sie aus Ihrer Selbstständigkeit mitbringen können. Sehen Sie die Chancen, die in der Veränderung liegen und machen Sie diese deutlich. Sie sind eben kein Berufsanfänger mehr, sondern nach vielen Jahren in der Selbstständigkeit bringen Sie einige Stärken mit, die etliche Angestellte mitunter vermissen lassen. Zum Beispiel:
- Zeitmanagement
- Strukturiertheit
- Eigeninitiative
- Kreativität
- Out-of-the-Box-Denken
- Engagement
- Flexibilität
- Unternehmergeist
- Lebenserfahrung
Trotz der vielen Stärken, die Sie mitbringen, herrschen bei einigen Personalern Vorurteile gegenüber Bewerbern, die ihre Selbstständigkeit aufgeben. Sie vermuten womöglich, dass diese sich nicht in Hierarchien und Zwänge einordnen können oder dass ihnen nach langer Zeit als ihr eigener Chef die sozialen Kompetenzen fehlen.
Dem sollten Sie bewusst entgegenwirken. Zum Beispiel, indem Sie verdeutlichen, in welchen Situationen Sie in der Zeit der Selbstständigkeit das Arbeiten im Team vermisst haben. Dies kann der Austausch mit Kollegen, die Kooperation mit anderen Abteilungen oder der inspirierende Austausch mit Vorgesetzten sein. Machen Sie deutlich, welchen Mehrwert Sie in diesem Fall ins Team einbringen können, ohne den Eindruck zu erwecken, dass Sie sowieso alles besser wüssten.
Sie sollten allerdings nicht zu demütig auftreten. Zeigen Sie im Gegenteil, mit welchen Ideen Sie das Unternehmen perspektivisch voranbringen möchten. Dies zeigt nicht nur Ihre Motivation, sondern vermittelt zudem den Eindruck, dass Sie an einer langfristigen Zusammenarbeit interessiert sind.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass Sie verdeutlichen, was Sie aus etwaigen Fehlern Ihrer Selbstständigkeit gelernt haben. Es ist keine Schande einzusehen, dass man an seine Grenzen gestoßen ist, wenn man die entsprechenden Schlüsse für die Zukunft daraus zieht.
Dass Sie dennoch gute und zuverlässige Arbeit leisten, können Sie anhand von Empfehlungsschreiben und Referenzen Ihrer Kunden untermauern. Achten Sie hierbei darauf, dass diese aussagekräftig in Bezug auf die Anforderungen Ihrer neuen Arbeitsstelle sind.