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Wie finde ich als Scanner-Persönlichkeit das passende Job-Modell?

Ein Gastbeitrag von Bettina Pöhler

Vielbegabten Menschen steht die ganze Berufswelt offen – könnte man meinen. Doch warum sind ausgerechnet so genannte Scanner-Persönlichkeiten oft unglücklich im Job? Die Antwort: Sie ticken anders – also müssen sie auch ihre Karriere anders denken. Nur wie? Hier gibt’s einen Überblick: über Scanner-Persönlichkeiten, warum eine lineare Karriere nichts für sie ist, welche Job-Modelle für sie passen und worauf sie dabei achten sollten.


Wie finde ich als Scanner-Persönlichkeit das passende Job-Modell?

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Was sind Scanner-Persönlichkeiten?

Scanner-Persönlichkeiten sind Menschen mit extrem vielen Interessen und Talenten aus Bereichen, die nicht miteinander zusammenhängen. Typisch für sie ist, dass sie sich voller Begeisterung in ein Thema eingraben, es ein paar Monate oder vielleicht ein oder zwei Jahre lang mit Herzblut verfolgen – und dann weiterziehen, weil sie das Wesentliche für sich verstanden und erfahren haben. Manchmal kommen sie später wieder darauf zurück. Doch sicher ist: Sie legen sich nicht langfristig fest.

Oftmals sind diese Menschen hochintelligent oder hochbegabt – das muss aber nicht zwingend so sein. Auf jeden Fall sind sie sehr kreativ und haben weit mehr Ideen, als sie je umsetzen können. Scanner-Persönlichkeiten jonglieren am liebsten mehrere Themen gleichzeitig und brauchen immer neues Lernfutter. Lernen und Veränderung treiben sie an. Sie sind oft wie wandelnde Bibliotheken. Ihre große Stärke: Sie können scheinbar fachfremde Themen inhaltlich miteinander verbinden.

Ein Paradebeispiel: Steve Jobs, der Telefonie mit IT, Wissen über die Musikindustrie und Marketing miteinander verknüpft hat – und damit Innovation geschaffen hat, die ihresgleichen suchen.

Schwierigkeit für Scanner-Persönlichkeiten

Die Kehrseite der vielen Talente ist, dass Scanner-Persönlichkeiten meist selbst gar nicht wissen, wie viel sie drauf haben. Weil ihnen einfach viele Dinge leicht fallen. Der Ausspruch „Ich kann halt viel, aber nichts richtig“, ist daher bezeichnend für diese vielbegabten Menschen, die immer glasklar sehen, was sie alles noch nicht wissen und können – denen es gleichzeitig schwer fällt zu sehen, was sie sich schon alles angeeignet haben.

Den Begriff „Scanner“ hat die amerikanische Autorin Barbara Sher geprägt. Sie zählte selbst zu den vielbegabten Personen. Das Wort „Scanner“ beschreibt bildlich die grundlegende Fähigkeit von Multitalenten, auf einen Blick Zusammenhänge zu erfassen – quasi „abzuscannen“. Es gibt zahlreiche Synonyme für Scanner-Persönlichkeiten: Multialente, Vielbegabte, Renaissance-Personen, Tausendsassa…

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Warum ist es für Scanner wichtig, ein besonderes Job-Modell zu finden?

Scanner-Persönlichkeiten begeistern sich nicht langfristig für ein einziges Themengebiet – und wollen sich daher auch nicht festlegen. Eine lineare Karriere – vom Junior zum Senior oder von der Fach- zur Führungskraft in einem Bereich – ist daher nichts für sie.

Damit Scanner in einem Job ihre vielen Talente motiviert einbringen können, brauchen sie vor allem diese drei Dinge, die sie nur sehr selten (wenn überhaupt) langfristig in einem einzigen Job finden werden:

  1. Abwechslung
    Routinen sind für Vielbegabte ein rotes Tuch. Sie langweilen sich sehr schnell, weil sie Zusammenhänge schnell begreifen. Oftmals denken sie schon mehrere Schritte im Voraus und werden deswegen von Kollegen inhaltlich oft missverstanden. Scanner brauchen vor allem Abwechslung in Themen, Projekten und am besten auch bei den Menschen, mit denen sie sich umgeben. Denn: Wenn sie nicht gefordert sind, gehen sie ein. Neue Aspekte und Bereiche ziehen sie hingegen magisch an.
  2. Futter für den Geist
    Vielbegabte Menschen brauchen intellektuelles Futter wie die Luft zum Atmen. Sie brauchen anspruchsvolle Herausforderungen und Raum, neue Dinge zu lernen, sich in fachfremde Themen einzuarbeiten und sich auszuprobieren. Dann sind sie mit Begeisterung dabei und können riesigen Mehrwert schaffen, weil sie ganz neue Lösungsideen durch neue Verknüpfungen leicht entwickeln können. Und: Weil sie so geübt im Lernen sind, können sie sich auch unglaublich schnell in neue Fachbereiche einarbeiten.
  3. Tiefgründigkeit
    Scanner hinterfragen gern Regeln und Hierarchien daraufhin, ob sie überhaupt Sinn ergeben. Ihr innerer Antrieb ist es, tiefgründige Dinge zu tun und etwas zu bewegen. Daher findet man Vielbegabte nur eher selten in der Kaffeeküche oder beim Smalltalk. Ihnen ist die Leistung im Sinne der Sache wichtiger. In einem Job, in dem sie aus hierarchischen Gründen mit ihren inhaltlichen Ideen nicht weiterkommen, werden sie nicht lange bleiben.

Kurzum: Scanner-Persönlichkeiten bringen eine ganze Menge wesentliche Skills mit, die für Innovationen wichtig sind. Sie sind allerdings auch sehr anspruchsvoll – und wenn sie nicht gefordert werden, suchen sie sich lieber eine neue Herausforderung.

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Welche Job-Modelle gibt es – und worauf müssen Sie als Scanner achten?

Vielbegabte ticken einfach anders. Warum sollten sie dann zwangsläufig an nur einen Angestelltenjob ODER nur eine Selbstständigkeit denken, um beruflich ihren Platz zu finden? Wer hat gesagt, dass nur das eine ODER das andere möglich ist?

Genau wie Scanner-Persönlichkeiten unterschiedliche Themen miteinander gekonnt verknüpfen, können sie natürlich auch Jobs miteinander zu einem eigenen Modell verbinden. Hier sind vier Job-Modelle für Vielbegabte im Überblick.

1. Ein Angestelltenjob

Auch Scanner-Persönlichkeiten können ihr berufliches Glück mit einem einzigen Job finden. Denn vielbegabt hin oder her: Natürlich ist jeder individuell – auch in den unzähligen Interessen. Allerdings ist es in dieser Konstellation sehr wahrscheinlich, dass sie alle paar Jahre wieder eine neue Herausforderung suchen werden. Um in einem solchen Modell erfüllt zu arbeiten, helfen Vielbegabten diese drei Kniffe:

  • Andersartigkeit annehmen
    Wenn Sie zu den Scannern zählen, nehmen Sie das innere Muster an, dass Sie einfach Freude daran haben, immer wieder neue berufliche Herausforderungen zu suchen. Es ist okay. Sie sind nicht linear gestrickt, Ihre Synapsen feuern kreuz und quer: Folglich muss auch Ihr Lebenslauf nicht linear sein.

    Bringen Sie sich in der jeweiligen Zeit mit ganzem Feuereifer ein, lernen Sie, was das Zeug hält, und saugen Sie alles Neue auf – Ihr Arbeitgeber wird Ihnen für Ihre tollen Ideen dankbar sein.

    Und: Verkaufen Sie im Vorstellungsgespräch neben Ihren spezifischen Fähigkeiten und Stärken auch die Vorteile der Vielbegabung: Sie können sich super schnell einarbeiten, Veränderungen vorantreiben, völlig neue Lösungen finden und denken an das große Ganze.
  • Hobbys als Spielwiese für die Talente nutzen
    Suchen Sie sich neben dem Job unterschiedliche Hobbys, in denen Kreativität und Köpfchen so richtig gefordert sind. Gönnen Sie sich Fortbildungen, treffen Sie sich mit Gleichgesinnten, lernen Sie eine neue Sprache, schreiben Sie ein Buch. Was auch immer Ihnen Freude macht: Auf geht’s. Das Leben findet nicht nur im Job statt.
  • Positionen mit vielen Facetten finden
    Suchen Sie sich eine Stelle, bei der Sie mit verschiedenen Themen jonglieren können. Schließlich wollen Sie stets gefordert sein. Das ist beispielsweise in Stabsfunktionen oder im Kommunikationsbereich der Fall, ebenso wie in strategischen Abteilungen, in denen es viele Schnittstellen zu anderen Bereichen gibt. Auch in Bereichen, in denen viel Projektarbeit gefordert ist, sind Sie gut aufgehoben.

2. Ein Angestelltenjob und eine nebenberufliche Selbstständigkeit

Wem der eine Angestelltenjob nicht reicht, dem macht es vielleicht Freude, nebenbei ein eigenes Business aufzubauen, um ein anderes Interessensgebiet zu stärken und zusätzlich neue Expertise aufzubauen in allen Bereichen, die dazugehören: von Marketing über Produktentwicklung bis hin zum Kunden-Support.

Dabei kann der Angestelltenjob in Teil- oder Vollzeit ausgeübt werden – je nachdem, was die Situation gerade hergibt und was sich gut anfühlt. Natürlich bedarf es dafür die entsprechenden Absprachen. Grundsätzlich ist aber sehr viel mehr möglich, als man denkt. Diese zwei Tipps helfen Vielbegabten dabei, sich an dieses Modell heranzuwagen:

  • „Das weiße Blatt Papier“
    Wenn Sie zu den Vielbegabten gehören, lohnt es sich vor der Business-Planung, erstmal die eigenen Ziele ganz klar zu ziehen: Warum wollen Sie dieses Modell wählen? Welche Talente wollen Sie ausleben? Wie wollen Sie sich im Alltag mit Ihren Jobs fühlen? Denn oft machen Menschen mit einer solchen Idee den Fehler, auf Basis der aktuellen Umstände Ziele zu setzen: „Was würde der Chef erlauben?“ Kann das überhaupt funktionieren?“

    Mit dieser Denkweise schließen Sie von vornherein eine Menge Möglichkeiten aus. Wenn Ihr Ziel ist, beides unter einen Hut zu bekommen, werden Sie Wege finden. Es mag sein, dass es nicht gleich morgen gelingt – nur es wird garantiert nicht gelingen, wenn Sie sich in den eigenen Ideen von Anfang an beschneiden. Vor allem wird es Sie nicht glücklich machen. Sie sind ein Freigeist. Ihre Ideen brauchen Raum.

    Also: Seien Sie mutig und formulieren Sie Ihre Ziele auf einem sprichwörtlich weißen Blatt Papier. Und wenn Sie dann der Meinung sind, dass das Modell der nebenberuflichen Selbstständigkeit genau Ihr Ding ist, legen Sie los.
  • Kalender-Fokus
    Wenn Sie einmal zweigleisig fahren, planen Sie am besten Ihren Alltag über Ihren Kalender mit Themenblöcken – wenigstens grob, damit Sie lange Freude an den zwei unterschiedlichen Fokusthemen haben: Angestelltenjob und Business. Denn sobald die Inhalte zerfasern, steckt weder im einen noch im anderen wirklich Freude.

3. Selbstständig mit einem eigenen Business

Für Scanner-Persönlichkeiten ist ein eigenes Business meist eine sehr gute Wahl. Sie können Verantwortung übernehmen, das Tempo selbst steuern, Themen bedienen, für die sie wirklich brennen und sind grundsätzlich sehr wendig mit Entscheidungen und Veränderungen. Diese drei zentralen Tipps sollten Sie sich als vielbegabte Person aber unbedingt zu Herzen nehmen:

  • Die Scanner-Strategie
    Achten Sie darauf, dass Sie mit Ihren Business-Ideen nicht vor Ihren Kunden weglaufen. Neue Ideen sind immer wichtig, aber sie dürfen auch erst draußen ankommen. Nicht selten wechseln Vielbegabte so oft Ihre Themen, dass Interessenten, die ein halbes Jahr später gern gekommen wären, überrascht werden von einer ganz neuen Themen-Ausrichtung.

    Daher lohnt es sich ganz genau darauf zu achten, wie Sie sich im Markt positionieren. Im besten Fall wählen Sie ein Oberthema, das Sie lange trägt, und aus dem Sie viele verschiedene Fokus-Themen auswählen können. Die können Sie dann alle paar Jahre variieren. So wird es für Sie nicht langweilig – und trotzdem bleibt anderen klar, wofür Sie grundsätzlich stehen.
  • Das Hochstapler-Syndrom
    Vergleichen Sie sich nicht mit anderen und hadern Sie nicht mit Ihren Fähigkeiten. Wenn Sie als vielbegabte Person eine Business-Idee haben und sich mit einem Thema beschäftigen, sind Sie in aller Regel mehr als bereit für den Markt und müssen sich nicht hinter anderen verstecken.

    Viele Vielbegabte haben Sorge, nicht genug zu können, weil Menschen mit dem Talent für ein Gebiet sich ganz klar als Experten auf diesem Gebiet bezeichnen. Scanner-Persönlichkeiten fällt dieser Titel schwer: Sie fühlen sich nicht als Experten auf einem Gebiet. Ihnen fallen viele Dinge leicht und wir haben nicht gelernt, dass es möglich ist, in vielen Dingen gut zu sein. Wenn Sie das im Vergleich überprüfen würden, würden Sie höchstwahrscheinlich feststellen, dass Sie mit Ihrem Thema längst im Expertenstatus unterwegs sind. Tragen Sie das also ruhig selbstbewusst nach außen.
  • Die Lernfalle
    Fokussieren Sie sich im Business auf das Wesentliche und verzetteln Sie sich nicht in der hundertsten Inhaltlichen Fortbildung. In der Regel sind Vielbegabte mehr als ausreichend vorbereitet für Ihr Fachthema: Die nächste Ausbildung braucht es nicht.

    Natürlich können Sie für die Freude auch thematisch Neues lernen. Wichtig ist dabei aber, dass auch genügend Zeit für die zentralen Säulen des eigenen Business bleibt wie Marketing, Produktentwicklung und Kundensupport. Und auch all diese Dinge neu zu lernen und stetig zu optimieren ist ja schon eine große Spielwiese fürs Scanner-Hirn.

4. Selbstständig mit mehreren Businesses

Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, mehrere Businesses parallel zu betreiben. Wenn das für jemanden eine super Möglichkeit ist, dann für Scanner-Persönlichkeiten. Diese drei Dinge sind dabei unbedingt zu beachten:

  • Burnout-Gefahr
    Wenn Sie zu den Vielbegabten zählen, kann es gut sein, dass Sie manchmal zu oft über Ihre Grenzen gehen. Achten Sie auf Ihren Energiehaushalt und halten mal öfter inne: Was schenkt Ihnen wirklich Kraft? Und wo wollen Sie vielleicht einfach nur etwas beweisen? Seien Sie sorgsam mit sich selbst – denn viele Bälle gleichzeitig zu jonglieren ist eine Kunst, die Sie sehr wahrscheinlich bestens beherrschen. Trotzdem kann der Grat zur Überforderung manchmal fließend sein. Und dann fließt gar keine Energie mehr.
  • Schritt für Schritt
    Ganz wichtig bei diesem Modell ist, nicht beide Unternehmen parallel aufzubauen. Zumindest das alleine zu stemmen wird so viel Initialenergie erfordern, dass es mit höchster Wahrscheinlichkeit auch Ihnen als Scanner keine Freude mehr bereitet. Also ausnahmsweise gilt in diesem Fall: Gehen Sie Schritt für Schritt vor. Bringen Sie erst das eine Business zum Laufen, bevor Sie das zweite an den Start bringen.
  • Freude
    Achten Sie bei einem so energieintensiven Modell unbedingt darauf, ob es Ihnen wirklich Freude bereitet. Denn sonst werden Sie es nicht durchhalten. Fragen Sie sich im Vorfeld sehr genau, warum Sie es möchten und ob es Ihnen Energie schenken kann. Und wenn die Antwort „Ja“ lautet, dann: Go for it!
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Fazit

Die Job-Modelle für Scanner-Persönlichkeiten sind so vielfältig wie ihre Interessen. Und es muss auch nicht lebenslang ein Modell sein. Wenn Sie als vielbegabte Person Ihre vielen Talente annehmen und sich erlauben, auch bei der Job-Gestaltung außerhalb des üblichen Rahmens zu denken, wird die eigene Arbeitswelt auf einmal zur Spielwiese.

Gerade für Scanner geht es nicht darum, dieses EINE berufliche Glück zu finden. Sondern es geht darum, die eigenen Talente zu sehen und schätzen zu lernen – und immer wieder neue Wege zu beschreiten. So sammeln sie zahllose Glücksmomente im Job, die sie erfüllen.

Über die Autorin
Bettina Pöhler zählt selbst zu den Scanner-Persönlichkeiten und befindet sich gerade – wie sie sagt – in ihrem vierten Berufsleben: Als zertifizierte Speakerin, Management-Trainerin und Coach und begleitet sie seit 2019 speziell vielbegabte Menschen dabei, ihre vielen Talente clever einzusetzen, damit sie im Job glücklich werden.

[Bildnachweis: Fotogrin by Shutterstock.com]

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