Darf ich Urlaubstage zum neuen Arbeitgeber mitnehmen?
Wenn Sie zum Jahreswechsel einen neuen Job antreten, wird das mit der Mitnahme von Resturlaub schwer: Denn eigentlich ist – laut Arbeitsrecht – der Urlaub innerhalb desselben Jahres zu nehmen. Schließlich dient der gesetzliche Urlaubsanspruch in erster Linie der Erholung des Arbeitnehmers. In dem Fall müsste der alte Arbeitgeber den noch nicht genommen Urlaub zumindest auszahlen.
Wer aber innerhalb eines Jahres den Job wechselt, hat vermutlich seinen gesamten Jahresurlaub noch nicht genommen. Den teilen sich die meisten Arbeitnehmer schließlich auf das ganze Jahr verteilt ein.
In dem Fall können Arbeitnehmer beim neuen Arbeitgeber den noch verbliebenen Urlaub aus der alten Beschäftigung beanspruchen. Voraussetzung dafür aber ist, dass sie nachweisen können, wie viele Urlaubstage sie beim bisherigen (alten) Arbeitgeber schon genommen haben beziehungsweise, wie viel Resturlaub ihnen noch zusteht. Das entschied erst vor kurzem das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (BAG, AZ: 9 AZR 295/13).
Der Jahresurlaub darf bei einem Jobwechsel also nicht einfach verfallen. Doppelten Urlaub gibt’s aber auch nicht. Motto: Beim alten Arbeitgeber auszahlen lassen – und beim neuen Arbeitgeber nehmen… Das wäre Betrug und kann zur fristlosen Kündigung führen. Ausnahme: Sie treffen im Arbeitsvertrag eine abweichende Vereinbarung.
Für den Nachweis des Resturlaubs müssen Sie also Ihren bisherigen Arbeitgeber bitten (er ist dazu auch verpflichtet), Ihnen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen.
Eine weitere Besonderheit:
- Wer innerhalb des ersten Halbjahres den Arbeitgeber wechselt (Kündigung bis zum 30. Juni), besitzt beim alten Arbeitgeber einen Urlaubsanspruch in Höhe von 1/12 je Beschäftigungsmonat. Nicht genommene Urlaubstage muss der Arbeitgeber auszahlen. Oder Arbeitnehmer können diese – bei entsprechendem Nachweis (siehe oben) – noch nicht genommenen Urlaubstage beim neuen Arbeitgeber beanspruchen.
- Wer hingegen im zweiten Halbjahr den Job wechselt (Kündigung ab dem 1. Juli), erwirkt zunächst den vollen Jahresurlaubsanspruch (Merke: Kündigungen im zweiten Halbjahr lohnen sich diesbezüglich mehr!). Sie können in dem Fall also beim alten Arbeitgeber Ihren vollen Urlaubsanspruch einfordern – etwa durch vorzeitige Freistellung. Sollte das aus betrieblichen Gründen unmöglich sein, muss der neue Arbeitgeber allerdings nur anteilig, entsprechend der Beschäftigungsdauer im zweiten Halbjahr, den Resturlaub gewähren.
Also, kurze Antwort auf die obige Frage: Die Mitnahme der Urlaubstage kann durch den neuen Arbeitgeber NICHT verweigert werden, wenn alle genannten Bedingungen erfüllt sind.
Was ist, wenn ich im ersten Halbjahr schon mehr Urlaub genommen habe?
Wer beispielsweise seinen Job nach dem 1. Juli kündigt, allerdings aus seinem Jahresurlaub schon mehr Urlaubstage genommen hat, als ihm (anteilig) zustehen, muss keine allzu großen Rückforderungen vom alten Arbeitgeber fürchten.
Laut § 5 Abs. 3 BUrlG darf der bisherige Arbeitgeber die gesetzlichen Mindesturlaubstage nicht zurückfordern oder eine Kompensation oder Schadensersatzzahlungen für zu viel genommenen Urlaub verlangen. Das darf er lediglich für die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus gewährten Urlaubstage.
Beachten Sie in diesem Fall bitte die entsprechenden Klauseln in Ihrem Arbeitsvertrag.
Checkliste für Arbeitnehmer
Wenn Sie Ihren Restlurlaub bei einem Jobwechsel mitnehmen wollen, sollten Sie so vorgehen:
- Prüfen Sie zunächst die gesetzlichen Regelungen zum Resturlaub.
- Checken Sie zudem die Klauseln im Tarif- und Arbeitsvertrag.
- Kündigen Sie – wenn möglich – erst in der zweiten Jahreshälfte.
- Beachten Sie gegebenenfalls Kündigungsfristen.
- Bitten Sie Ihren bisherigen Arbeitgeber um eine Bescheinigung über Ihren genommenen Urlaub oder die Auszahlung Ihrer Urlaubsansprüche im laufenden Kalenderjahr.
- Geben Sie den Nachweis über Ihren genommenen Urlaub und die Ansprüche daraus dem neuen Arbeitgeber.
- Ihre Ansprüche müssen Sie drei Monate nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis geltend machen.