Warum posten Influencer eigentlich Videos mit Musik?
Einer der effektivsten Werbeträger im Social Media Marketing sind Influencer. Für sie war es auf der Plattform Instagram üblich, kostenlos mit eigenem Profil auf der Social Media Plattform persönliche Fotos und Bilder hochzuladen und damit für sich, andere Accounts und Marken zu werben.
Marken und Unternehmen auf Instagram werden dabei in Beiträgen von Influencern vertaggt, wobei ein Klick auf den Tag unmittelbar zu dem verlinkten Marken Account führt. Eine Besonderheit auf Instagram sind die Instagram Storys und die Kurzvideos, auch „Reels“ genannt, sowie andere Funktionen, die es Influencern und Creators ermöglichen, ihre Clips mit aktueller und populärer Musik auszubauen.
Reels sind im Feed in der Regel jederzeit öffentlich abrufbar, Storys sind jeweils nur für 24 Stunden sichtbar. Dann kam 2018/19 die erste Abmahnwelle auf Instagram gegen bekannte Influencer, wie Cathy Hummels und Leonie Hanne und 2021 die Abmahnung der Jerusalema Challenge auf Tiktok.
Aus welchen Gründen werden Abmahnungen verschickt?
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Urhebergesetz sind insbesondere Musikstücke, unabhängig von Länge und Dauer, geschützte Werke und persönliches, geistiges Eigentum ihres Schöpfers. Danach steht jede Nutzung seines Werkes ausschließlich dem Urheber zu. Allein der Urheber oder derjenige, der die Rechte an dem Werk vom Urheber ableiten kann (Rechteinhaber), stehen daher das Recht der öffentlichen Wiedergabe zu, sei es die Musik öffentlich auf Social Media zugänglich zu machen oder die Kurz-Videoformate mit der Musik zu unterlegen.
Als Influencer hat man bei Instagram über den Musikbutton in der App auf dem Smartphone Zugang zu aktuellen Chart-Songs. Man kann den Song seiner Wahl digital auswählen und über das eigene Video legen. Mit dabei sind Songs von David Guetta, Dua Lipa und vielen anderen.
Wer kann einen für die Verwendung eines Songs abmahnen?
Bei einer Urheberrechtsverletzung auf Social Media besteht jedoch das Risiko, von den Urhebern und Rechteinhabern eines Songs abgemahnt werden: In der Realität sind das oft nicht die Künstler selbst, sondern deren Plattenlabel und Musikverlage. Die Verletzung von Urheberrechten sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen!
Es geht bei der kommerziellen Verwendung von Songs um hohe Summen, die normalerweise an Plattenfirmen gezahlt werden. Sofern es sich um bekannte Songs von hochkarätigen Künstlern handelt. Je bekannter und beliebter ein Song, desto teurer ist in der Regel die Nutzungslizenz dafür.
Abmahnung, Unterlassung, Schadenersatz
Zentraler Inhalt einer jeden Abmahnung im Medienrecht sind die strafbewehrte Unterlassungserklärung, die Zahlung von Schadensersatz und der Ersatz der Abmahnkosten. Die Unterlassungserklärung dient dazu, die Auseinandersetzung außergerichtlich zu befrieden und einen Gerichtsprozess zu vermeiden. Eine Wiederholung der Rechtsverletzung wird künftig durch die Verpflichtung der Rechtsverletzer zur Zahlung einer angemessenen Vertragsstrafe verhindert.
Außerdem schuldet derjenige, der das Recht verletzt hat, Schadensersatz im Wege der sogenannten Lizenzanalogie, die die Rechtsprechung zur Bemessung der Höhe des Schadensersatzes anwendet. Das sind in der Regel die Lizenzkosten für die rechtswidrige Nutzung eines Musikstückes. Überdies hat der Rechtsverletzer in der Regel noch die Kosten der abmahnenden Anwälte zu tragen. Je nach Musik-Snippet, das illegal verwendet wurde, kann das Einbinden populärer Hits extrem teuer werden.
Was passierte im Fall Jerusalema Challenge?
Auf TikTok kursierte vor einem guten Jahr die „Jerusalema Challenge“, mit der Personen aus systemrelevanten Berufen ein positives Zeichen in der Pandemie setzen wollten. Die Tanzvideos auf den Song „Jerusalema“ sollten Leichtigkeit und Zusammenhalt und es wurde synchron getanzt, zum Beispiel von der ganzen Station im Krankenhaus.
Eigentlich ein guter Gedanke und scheinbar hat sich niemand Sorgen um die Songlizenz gemacht. Denn einige Wochen später flatterte die Abmahnung rein. Und zwar von Warner Music, denen die Rechte am Song gehörten. Warner forderte dazu auf, den Song nicht weiter zu verwenden, die Videos herunterzunehmen – und Schadensersatz.
Kommerzielle Nutzung verboten!
Im Fall der Jerusalema Challenge war der Gegenstand der Abmahnung nicht, dass keine Musik-Lizenz vorlag. Diese ist im Grunde von Seiten der Social Media Plattformen in Form von pauschalierten Lizenzvergütungen mit der GEMA abgeschlossen. Abmahngrund war vielmehr das Verwertungsrecht des Plattenlabels Warner. Die Jerusalema Musik durfte grundsätzlich auf der Plattform geteilt werden – allein der Videoschnitt der Challenge durfte damit nicht verbunden werden.
Den Nutzern fehlte die Erlaubnis, Musik mit Video zu kommerziellen Zwecken zu synchronisieren. Das Synchronisationsrecht ist insbesondere das Recht der Labels und der Verlage der Künstler, Musikstücke mit einem Videoschnitt zu verbinden und auf der Plattform des sozialen Netzwerkes zu teilen und zu bewerben. Es ist ein Nebenrecht. Und obwohl es im Urheberrechtsgesetz nicht ausdrücklich in §§ 15 ff. UrhG geregelt ist, ist es als Verwertungsrecht anerkannt. Dabei genügt schon die Verwendung eines Musik-Snippets für einen Tanz-Challenge Videoclip!
Influencer – Werbeplattform oder doch die beste Freundin?
Das Teilen persönlicher Inhalte oder Tanzvideos mit aktueller Musik ist seit den Abmahnwellen auf Instagram und Tiktok nicht mehr so ohne Weiteres möglich. Um die Frage zur Verwendung von Musik klären zu können, schauen wir uns zunächst den Beruf Influencer genauer an. Die Einstufung spielt hierbei eine große Rolle.
Influencer, Content Creator oder Blogger – all das sind Menschen, die Inhalte auf Social Media teilen, Trends und Meinungen fördern, in der Regel erstmal kostenlos für ihre Community. Wer jetzt an Wohlfahrt denkt, irrt: Ihr Geld verdienen Influencer mit Werbekooperationen für Produkte, Dienstleistungen oder Marken. Teilweise sind sie an Startups auch selbst beteiligt. Auch wenn Follower oft das Gefühl haben, einer guten Freundin zu folgen, sind Influencer eher kommerziell als wohltätig unterwegs. Damit kommen wir zum Problem bei der Musiknutzung.
Was ist problematisch an der Musiknutzung?
Die Rechte an den Songs gehören in erster Linie den Urhebern, Künstlern, Verlagen und Plattenlabels. In anderen Branchen wie der klassischen Werbung ist schon lange klar, dass Songs nur gegen eine ausdrückliche Nutzungserlaubnis in Werbespots verwendet werden dürfen. Auf Instagram sieht das anders aus. Täglich legen unzählige User geschützte Musik über ihre Videos, ohne die Rechte abgeklärt zu haben.
Haben Plattformen wie Instagram die Rechte abgeklärt?
Man könnte sich jetzt fragen: Wieso stellt Instagram die Musik denn zur Verfügung, wenn man sie gar nicht nutzen darf? Schaut man einmal in die AGB von Instagram, findet man den Grund dafür schnell: Instagram, ebenso Tiktok, stellen die Songs laut eigenen Angaben in erster Linie für private Inhalte zur Verfügung. Die Plattform hat Nutzungslizenzen mit der GEMA erworben, allerdings wird eine kommerzielle Verwendung explizit ausgeschlossen.
Für private User ist die Musiknutzung also kein Problem. Influencer sind aber, trotz des äußeren Anscheins von persönlichen Inhalten, nicht privat auf Instagram aktiv, sondern verfolgen kommerzielle Interessen. Sie promoten sich selbst, ihr Unternehmen oder auch ihre Werbepartner. Und das tun sie seit einiger Zeit besonders gerne in Videoform mit von der Plattform gesponserter Musik unterlegt.
Der kommerzielle Zweck ist für die Grenzen der Musiknutzung auf Instagram, Tiktok und Meta ausschlaggebend. Aber wo beginnt auf Social Media kommerzielle Kommunikation und wo hört diese auf? Einfache Antwort: Wenn Influencer ein Werbe-Reel für einen Kooperationspartner hochladen und Produkte promoten, gilt dasselbe wie für Unternehmen und Brands auch: Die Musik darf nur verwendet werden, wenn der Influencer oder der Kooperationspartner die Rechte hierfür erworben hat. Andernfalls droht eine Abmahnung.
Ab wann ist ein Reel kommerziell?
Ab wann ist ein Reel kommerziell? – Das ist die entscheidende Frage! Privatleute können Songs grundsätzlich ohne Gefahr auf Abmahnung in den sozialen Netzwerken verwenden. Sind Influencer jedes Mal kommerziell unterwegs? Nicht mal die Gerichte sind sich diesbezüglich einig. Das hat sich bereits bei den unterschiedlichen Urteilen hinsichtlich der Werbekennzeichnung gezeigt. So wurden Influencer schon abgemahnt, weil sie einen selbst gekauften Pullover oder geschenkte Ohrringe verlinkt haben…
Damals haben viele angenommen, das wäre nicht kommerziell, weil sie es selbst gekauft habe oder weil es ein Geschenk war (Bundesgerichtshof I ZR 35/21 – Influencer III). Die Begründung war, dass Follower sogar gezielt nach der Marke des Pullovers oder der Ohrringe gefragt hatten.
Das Urteil vieler Gerichte lautete dennoch: Influencer sind kommerziell unterwegs, auch wenn sie sich die Kleidung selbst gekauft haben. Entweder fördern sie den Umsatz von Marken oder den eigenen Umsatz mit ihren Postings. Selbst nach Inkrafttreten des Influencer Gesetzes am 28. Mai 2022 ist nicht völlig geklärt, wann eine Verlinkung oder Vertaggung im Post über den selbst gekauften Pulli so kommerziell kommuniziert wird, dass er auf sozialen Medien als („übertrieben“) werbliche Verlinkung eingestuft wird (Bundesgerichtshofs I ZR 125/20 – Influencer II).
Kann man als Influencer alle Songs problemlos verwenden?
Auf Grundlage der Einschätzung bei der Werbekennzeichnung und der allgemeinen Rechtslage von Influencern kann man davon ausgehen, dass Posts von Influencern als kommerziell beziehungsweise gewerblich eingestuft werden. Influencer-Posts sind nicht mehr privater Natur, auch wenn sie oft den Anschein erwecken. Insbesondere die Nutzung von Musik für gewerbliche und nicht private Zwecke ist auf den meisten Plattformen nicht gestattet, es sei denn, es wurden entsprechende Lizenzen eingeholt. Dabei spielt gerade für Unternehmen, einschließlich Influencern, unabhängig von Größe und Abonnentenzahl, das Nutzungsrecht den Videoschnitt mit Musik zu synchronisieren eine große Rolle.
Daher müssen Influencer – genauso wie klassische Unternehmen – vorsichtig sein, welche Songs sie für Reels verwenden. Auch für Influencer, die ja selbst ihre Marke sind, gilt das Synchronisationsrecht. Darüber gilt: Wer eine Werbekooperation hat, darf keinen Song verwenden, für den nicht vorher die Rechte zur Nutzung und Synchronisation eingeholt wurden.
Wie sieht es mit lizenzfreier Musik aus?
Auch auf YouTube gibt es die Musikbibliothek mit „lizenzfreier Musik“. Meta bietet das in der Sound Collection an. Aus rechtlicher Sicht ist ein Musikstück aber grundsätzlich nicht „lizenzfrei“, denn es gibt immer einen Urheber und Rechteinhaber und dieser hat die Rechte daran. Lizenzfrei wird ein Musikstück nach § 65 Abs. 3 Urhebergesetz erst dann, wenn es „Gema-frei“ ist. Heißt: Wenn der Urheber mindestens 70 Jahre tot ist. Nur in einem solchen Fall kann man von lizenzfreier Musik sprechen (oder von „gemeinfrei“).
Meistens werden aber Songs vor Ableben des Urhebers kostenlos unter der sogenannten Creative Commons Lizenz angeboten. Auch die ist nicht „lizenzfrei“ oder „GEMA frei“. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine Null-Lizenz. Ihre Verwendung durch den Nutzer ist in der Regel an Bedingungen geknüpft und regelt auch Art, Umfang und Zweck der Nutzungsberechtigung an dem jeweiligen Musikstück.
Bevor Sie „lizenzfreie“ Musik verwenden, lesen Sie sich die Bedingungen der Lizenz sorgfältig durch! Nicht selten ist die kommerzielle Nutzung vom Urheber ausgeschlossen oder die kommerzielle Verwendung auf wenige Sekunden begrenzt und kostenpflichtig. Um auf der sicheren Seite zu sein, nutzen Sie gemeinfreie Musikstücke, die nicht (mehr) kommerziell lizenziert werden müssen.
Darf man O-Töne von anderen als Alternative verwenden?
Instagram und TikTok leben momentan von Trends, die als O-Ton eingespielt wurden. Manchmal sind es witzige Aussagen oder Zusammenschnitte aus Musik, Film oder TV. Allerdings muss man sich bei der Verwendung von O-Tönen bewusst sein: Sie haften für eventuelle Verstöße gegen Urheberrechte, die in den O-Tönen enthalten sind. Beispielsweise enthalten manche Sounds auch hier urheberrechtlich geschützte Musikausschnitte oder Filmsequenzen. Und diese dürfen auch nicht im kommerziellen Kontext – weder von Influencern noch Unternehmen – verwendet werden.
Einzige Ausnahme ist das Zitatrecht: Das ist aber nur der Fall, wenn Sie sich als Unternehmen inhaltlich mit dem Inhalt des Zusammenschnitts in Bezug zum unterlegten O-Ton beschäftigen und zum Beispiel die Aussage des Videos mit O-Ton analysieren, dann dürfen Sie den O-Ton auch kommerziell nutzen, nämlich innerhalb der Grenzen des Zitats.
Wenn es sich um einen Song-Trend handelt, und Sie diesen im kommerziellen Kontext auf Social Media teilen wollen, dann klären Sie immer die Nutzungsrechte vorher ab.
Sind die Musiklizenzen von Musik Labels und Verlagen eine Lösung?
Jetzt müssen wir die Musikbibliothek der Social Media Plattformen verlassen. Vor einer Abmahnung wegen fehlender Musik Lizenz schützt man sich als Influencer und Unternehmen nur dann, wenn man selbst aktiv wird und sich eine Musikbibliothek eines Plattenlabels und Musikverlages außerhalb der Plattform anlegt, auf die man dann insbesondere zu kommerziellen Zwecken, ausdrücklich zugreifen darf. Dazu gehören auch das Herunterladen von Musiktitel aus der Bibliothek und das Hochladen von Musiktitel zur Unterlegung von Videoausschnitten auf die Social Media Plattformen.
Es sind drei wichtige Voraussetzungen zu beachten, die wir uns nachfolgend kurz näher ansehen wollen:
- Achten Sie darauf, dass das Musikunternehmen zuständig ist, Ihnen die Rechte an dem Musikwerk einer bestimmten Künstler oder einer Musikgruppe zur erforderlichen Verwendung einzuräumen.
- Achten Sie darauf, dass Sie sich die Rechte zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich Synchronisation und Bearbeitung mit Videoclips für die kommerzielle Nutzung einholen.
- Prüfen Sie genau, dass die Nutzung räumlich und zeitlich uneingeschränkt möglich ist.
Wie sieht die Zukunft für Influencer und deren Musiknutzung aus?
Die pauschalierten Lizenzvereinbarungen der Social Media Plattformen mit der GEMA zur Nutzung von Musik auf der Plattform haben es Influencern und Creator nicht leichter gemacht. Insbesondere die Einschränkung der Nutzung der bereitgestellten Musik für private Inhalte macht die bisherige Nutzung der Musik Snippets für Influencer und Creator riskant.
Risikofreudige Naturen können einfach persönliche Inhalte und Tanzvideos auf Instagram oder Tiktok mit von Plattform gesponserter Musik posten und hoffen, dass sich die Auffassung durchsetzt, nach der das erlaubt ist. Noch besser -auch für die eigenen kommerziellen Unternehmungen als Influencer- ist es, sich selbst explizit die Rechte an bestimmten Musiktitel zu holen, einschließlich das Recht, die Musik mit persönlichen Videos zu verbinden. Oder Sie holen sich gemeinfreie Musiktitel, die nicht kommerziell lizenziert werden müssen.
Über die Autorin
Nathalie Salibian-Waltz ist Anwältin, Expertin für Social Media-, Datenschutz- und Unternehmensrecht und Legal Influencer. Sie teilt ihre Tipps für Selbstständige im Online-Business auch auf Instagram, TikTok und Linkedin.