Welche gesetzlichen Grundlagen regeln den Unfallschutz?
Als angestellte Person sind Sie während Ihrer Arbeit versichert. Und zwar über die gesetzliche Unfallversicherung, kurz: DGUV. Die Gewährleistung der Arbeitssicherheit wird in Deutschland durch das Arbeitsschutzgesetz und die Unfallverhütungsvorschriften sowie Verordnungen zum Arbeitsschutz geregelt.
Arbeitsschutzgesetz
Ziel des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) ist es, Sicherheit und Gesundheit von Beschäftigten bei der Arbeit zu fördern. Es regelt die allgemeinen Arbeitsschutzpflichten von Arbeitgeber*innen, die Pflichten und Rechte der Beschäftigten sowie Maßnahmen zur Überwachung des Arbeitsschutzes – und schafft damit eine rechtliche Basis für die menschengerechte Gestaltung von Arbeit.
Wichtig ist, dass Arbeitgeber für transparente Richtlinien zur Sicherheit am Arbeitsplatz sorgen. Daher sind Sie auch nach §12 ArbSchG dazu verpflichtet, Mitarbeitende bei Einstellung, Veränderungen im Aufgabenbereich oder Einführung neuer Arbeitsmittel in der Arbeitssicherheit zu unterweisen.
7. Buch Sozialgesetzbuch
Das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) bildet die Rechtsgrundlage für die gesetzliche Unfallversicherung in Deutschland. Es verordnet unter anderem einen klaren Präventionsauftrag und regelt die Aufgaben der Berufsgenossenschaften sowie Leistungen bei Versicherungsfällen.
Unfallverhütungsvorschriften
Die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) sind Teil des Sozialgesetzbuches und stellen verbindliche Pflichten an Betriebe sowie Versicherte. Dazu zählen unter anderem Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren, Erste-Hilfe-Maßnahmen und arbeitsmedizinische Untersuchungen. Zuständig für die Kontrolle der Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften sind die Berufsgenossenschaften.
Was ist ein Arbeitsunfall?
Laut § 8 Sozialgesetzbuch liegt dann ein Unfall vor, wenn es zu Verletzungen oder Gesundheitsschäden durch ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis kommt. Geschieht dies im Zuge einer versicherten Tätigkeit, handelt es sich um einen Arbeitsunfall.
Anders als bei privaten Unfällen, die im Haushalt, im Straßenverkehr oder während der Freizeitgestaltung geschehen, übernimmt bei einem Arbeitsunfall die gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) alle Kosten und Haftung. Dabei lässt sich generell in drei Kategorien von Arbeitsunfällen unterscheiden:
- Innerbetriebliche Unfälle
Verletzen Sie sich innerhalb der Räumlichkeiten Ihrer Arbeitsstätte, beispielsweise während der Bedienung von Maschinen in der Produktionshalle oder bei einem Sturz im Büro, spricht man von einem innerbetrieblichen Unfall. - Außerbetriebliche Unfälle
Auch außerbetriebliche Unfälle zählen zu den Arbeitsunfällen, zum Beispiel wenn sie während einer Dienstreise oder bei Montagearbeiten geschehen. Versichert ist außerdem die Teilnahme an Betriebssport sowie an Betriebsausflügen und -feiern. Allerdings nur, wenn es sich dabei um eine Veranstaltung handelt, die für alle Mitarbeitenden des Betriebs offen ist und an der die Unternehmensleitung bzw. eine Vertretung teilnehmen. - Wegeunfälle
Werden Sie auf dem Weg von und zur Arbeitsstätte in einen Unfall verwickelt, liegt ebenfalls ein Arbeitsunfall vor – und zwar ein Wegeunfall. Ob Sie zu Fuß, mit dem Auto oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, ist dabei unerheblich. Wichtig ist: Versichert ist nur der unmittelbare Arbeitsweg zwischen Haustür und Arbeitsplatz. Allerdings gibt es hier einige Ausnahmen. Kleine Umwege können Sie zum Beispiel in Kauf nehmen, um eine Fahrgemeinschaft mit Kollegen zu bilden. Bringen Sie Ihre Kinder auf dem Weg zur Arbeit in die Kindertagesstätte oder Schule, zählt auch dieser Umweg als Arbeitsweg.
Was zählt nicht als Arbeitsunfall?
Anders sieht es aus, wenn Sie auf dem Weg zur Arbeit einen privat veranlassten Umweg einschlagen. Halten Sie auf dem Arbeitsweg etwa für einen Einkauf oder für einen Restaurantbesuch, sind Sie nicht mehr über die gesetzliche Unfallversicherung Ihres Betriebs abgesichert.
Neben der Unfallumgebung ist auch der sachliche Zusammenhang zwischen Unfallereignis und versicherter Tätigkeit entscheidend. Denn die gesetzliche Unfallversicherung deckt nur Unfälle bei der Arbeit ab, die in direktem Zusammenhang mit den Aufgaben des Beschäftigungsverhältnisses stehen. Ausgenommen davon sind:
- Pausen und Unterbrechungen
Erledigen Sie am Arbeitsplatz Tätigkeiten, die privaten Zwecken dienen, sind Sie währenddessen nicht unfallversichert. Das gilt beispielsweise für Raucherpausen, private Telefonate oder kurze Spaziergänge. Auch Essen und Trinken oder der Toilettengang gehören zu den sogenannten eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten. Versichert ist zwar der Weg zu Kantine oder Badezimmer, nicht aber das Verweilen an diesen Orten. - Innere Ursachen und Eigenverschulden
Erleiden ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin am Arbeitsplatz plötzlich und ohne eine nachvollziehbare Einwirkung von außen einen Herzinfarkt, ist dieser Fall nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Dies trifft auch auf andere gesundheitliche Vorbelastungen zu, die akut während der Ausübung einer versicherten Tätigkeit auftreten. Nicht versichert sind außerdem Arbeitsunfälle, die auf grob fahrlässiges Verhalten zurückzuführen sind, wie beispielsweise dem Missbrauch von Alkohol- oder Drogen im Büro.
Generell gilt: Ob ein Unfall von den Sozialgerichten als Arbeitsunfall beurteilt wird, ist vom Einzelfall abhängig. Wichtig ist es daher, den genauen Unfallhergang zu dokumentieren. Wer sich über die gesetzliche Versicherung hinaus absichern möchte, kann zusätzlich eine private Unfallversicherung abschließen.
Was sollte ich bei einem Arbeitsunfall machen?
- Unfall melden
Sind Sie in einen Arbeitsunfall verwickelt, müssen Sie diesen unbedingt sofort der zuständigen betrieblichen Stelle melden. Erläutern Sie Ihrem Arbeitgeber, was sich wann und wo ereignet hat. Die DGUV rät, auch kleine, scheinbar unbedeutende Arbeitsunfälle im Verbandbuch des Betriebs zu dokumentieren. Denn entwickeln sich aus der Erstverletzung Spätfolgen, erlischt bei fehlendem Nachweis sonst gegebenenfalls der Versicherungsschutz. - Durchgangsarzt aufsuchen
Muss die Verletzung behandelt werden, sollten Sie einen Durchgangsarzt aufsuchen. Diese verfügen über eine spezielle Zulassung der Berufsgenossenschaften. Im Rahmen der Untersuchung wird geklärt, welche Behandlungsmaßnahmen zu treffen sind. Außerdem dient der Termin der Dokumentation und Beweissicherung des Arbeitsunfalls. - Unfallanzeige stellen
Dauert Ihre unfallsbedingte Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage an, ist die Unternehmensleitung gemäß § 193 SGB VII dazu verpflichtet, den Unfall der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse zu melden. Auch hier gilt: Unabhängig von der Schwere der Schäden sollten Arbeitgeber nicht auf eine Unfallanzeige verzichten. Machen sich zu einem späteren Zeitpunkt Folgeschäden bemerkbar und eine Meldung wurde vernachlässigt, kann die DGUV Leistungen verweigern.
Im Zweifelsfall: Widerspruch einlegen
Werden Leistungen von der DGUV abgelehnt, haben Sie als betroffene Person einen Monat lang Zeit, der Verweigerung zu widersprechen. Lassen Sie sich dazu im Vorfeld am besten von einem Experten oder Expertin im Sozial- und Berufsgenossenschaftsrecht beraten.
Bin ich im Homeoffice bei Unfällen versichert?
Bei gemeldeten Unfällen, die im Homeoffice passieren, lehnt die DGUV eingeforderte Leistungen oft ab. Denn in der Privatwohnung der Mitarbeitenden können Arbeitgeber nicht für umfassende Arbeitssicherheit sorgen. Grundsätzlich gelten fürs Homeoffice dieselben Regeln wie im Büro:
- Unfälle am fest eingerichteten Arbeitsplatz, die während der Arbeitszeit geschehen, sind durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt.
- Pausen und Unterbrechungen der dienstlichen Tätigkeiten zählen als eigenwirtschaftliche Tätigkeiten.
- Wege innerhalb der Wohnung, zum Beispiel vom Schreibtisch zur Kaffeemaschine oder ins Badezimmer, sind allerdings nicht versichert. Denn der Arbeitsweg beginnt erst mit Verlassen der Haustür. Begeben Sie sich aus dem Homeoffice für ein Meeting ins Büro oder zu einem Kundentreffen, zählt dies als Wegeunfall, sollten Sie sich auf dem Weg verletzen.
Wer zahlt bei Arbeitsunfällen?
Nach Entgeltfortzahlungsgesetz steht beschäftigten Personen im Falle eines Arbeitsunfalls eine Lohnfortzahlung zu. Wie auch bei einem krankheitsbedingten Ausfall übernimmt dann zunächst der Betrieb für sechs Wochen die Auszahlung des Lohns.
Dauert die Berufsunfähigkeit länger als sechs Wochen an, übernimmt die zuständige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse die Lohnauszahlung. Das sogenannte Verletztengeld wird von den Krankenkassen im Auftrag der gesetzlichen Unfallversicherung ausgezahlt. Es beträgt 80 Prozent des Bruttolohns, abzüglich der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Mit dem Verletztengeld wird die Auszahlung des Lohns nach Arbeitsunfall für einen Zeitraum von bis zu 78 Wochen fortgesetzt.
Die Unfallversicherung übernimmt aber nicht nur die Lohnfortzahlung, sondern kümmert sich auch um medizinische Behandlung, Reha sowie gegebenenfalls eine berufliche und soziale Wiedereingliederung. Bleibt die Berufsunfähigkeit über die erfolgten Maßnahmen hinaus bestehen, erhält die betroffene Person eine Unfallrente.
Über den Autor
Die VINYA E-Learning GmbH betreibt eine Lernplattform, die Mitarbeiterunterweisungen automatisiert und Teilnehmenden-Management, interaktive Online-Schulungen, Nachweis und Co. übernimmt. Das Unternehmen bringt digitale Lerninhalte und einfaches Schulungsmanagement.