Worauf muss ich bei der Probearbeit achten?
Zunächst einmal bietet die Probearbeit die Chance, dass sich beide Seiten – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – besser kennenlernen und in einem praxisnahen Umfeld gegenseitig erleben können. Und zwar nicht nur in einer künstlichen Umgebung, wie beim Vorstellungsgespräch und in der Bewerbung, sondern eben bei der echten täglichen Arbeit.
Arbeitsrechtlich stellen Probearbeiten eine Form der Personalauswahl dar und gelten als sogenanntes Einfühlungsverhältnis. Also ohne den Druck oder Verpflichtungen eines realen Arbeitsverhältnisses. Alles passiert auf freiwilliger Basis.
Der Arbeitgeber erfährt in dieser kurzen Zeit etwas über…
- die tatsächlichen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen des Bewerbers.
- die Arbeitsweise und Arbeitsmoral des Kandidaten.
- die Lernfähigkeit und sozialen Kompetenzen des Mitarbeiters in spe.
- die Reaktionen im Team – und wie gut der oder die Neue aufgenommen wird.
Umgekehrt erfährt der Probearbeiter auch einiges über den Arbeitgeber. Zum Beispiel über…
- die realen Arbeitsbedingungen.
- dessen tatsächlichen Unternehmenskultur.
- die späteren Kollegen und die Arbeitsatmosphäre.
- das Verhalten und die Persönlichkeit des späteren Chefs.
Kurzum: Beide finden in den Probearbeitstagen heraus, ob die Chemie stimmt und die spätere Arbeit wirklich Spaß macht. Das sind – zumindest theoretisch – die Chancen und Vorteile der Probearbeit.
Im Erfolgsfall erhält der Bewerber anschließend einen Arbeitsvertrag (inklusive Probezeit) und damit einen festen Job.
Die Kehrseite ist: Es gibt leider auch ein paar schwarze Schafe auf dem Arbeitsmarkt. Und die nutzen das Instrument der Probearbeit schlicht aus – und missbrauchen die Bewerber als billige bis unbezahlte Arbeitskräfte.
Tatsächlich sind die Kandidaten schon lange nicht mehr im Auswahlprozess. Aber da sie derart motiviert sind und unbedingt hier arbeiten möchten, kann man ihnen den Wunsch gerne erfüllen – als Aushilfe, Urlaubsvertretung oder niederen Arbeiter. Bei maximalem Gewinn für den Arbeitgeber.
Bevor Sie der Probearbeit zustimmen, sollten Sie daher stets die Bedingungen genau prüfen und sich fragen: Ist die Probearbeit eine wirkliche Chance für mich – oder werde ich nur ausgenutzt?
Checkliste: Indizien für unseriöses Angebot
Tatsächlich gibt es ein paar Indizien, die eher für ein unseriöses Angebot sprechen. Bei folgenden Signalen und Warnzeichen sollten Sie hellhörig werden oder gar dankend ablehnen:
- Die Probearbeit soll länger als fünf Tage dauern.
- Das Angebot zur Probearbeit bekommen Sie noch vor der Einladung zum Vorstellungsgespräch.
- Sie bekommen keinen speziellen Probearbeitsvertrag.
- Innerhalb der Probearbeit ist keinerlei Einarbeitung geplant.
- Sie sollen bestimmte Arbeitszeiten und Pausenzeiten einhalten.
- Sie müssen Dienstkleidung oder eine Uniform tragen.
- Sie erhalten Aufgaben, die denen regulärer Mitarbeiter gleichen.
- Sie sollen vom ersten Tag an „wertschöpfend“ mitarbeiten. Heißt: Sie schaffen echte Mehrwert für den Arbeitgeber.
- Sie arbeiten weisungsgebunden, bekommen aber trotzdem kein Geld.
Die letzten beiden Punkte verdienen besondere Aufmerksamkeit, denn sie sind illegal. Um eine Ausbeutung mittels Probearbeit zu verhindern, hat laut §612 BGB hierfür eine „den Umständen angemessene Vergütung“ zu erfolgen.
Und das gilt insbesondere dann, wenn Sie eine weisungsabhängige sowie wertschöpfende Arbeit für das Unternehmen leisten. Kurz: Wenn Sie de facto einen Gewinn für das Unternehmen erwirtschaften. In dem Fall MUSS die Probearbeit vergütet werden. Diesen Anspruch können Sie zur Not auch nachträglich gerichtlich einklagen.
Etwas anderes gilt, wenn Sie „weisungsunabhängig“ arbeiten – also lediglich in einen Job hineinschnuppern, mal hier mal dort etwas machen, aber im Kern Unternehmen, Arbeitsplatz und betriebliche Praxis nur kennenlernen sollen.
Wie sollte ich mich während der Probearbeit verhalten?
Gehen wir aber mal davon aus, dass die Probearbeit durchaus sinnvoll ist und die Regelungen diesbezüglich fair sind. In dem Fall möchten Sie vermutlich den Job nach wie vor. Entsprechend gut und professionell sollten Sie sich während der Probearbeitstage präsentieren.
Da die fachliche Eignung meist schon in der Bewerbung geprüft wurde, geht es während der Probearbeit vor alle um sogenannte Soft Skills. Also zum Beispiel Ihre…
- Arbeitsweise und Arbeitsmoral
- Lernbereitschaft
- Teamfähigkeit
- Kritik- und Konfliktfähigkeit
- Frustrationstoleranz
- Aufnahmefähigkeit
- Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Kunden
Zeigen Sie also möglichst große Offenheit, viel Einsatzwille und versuchen Sie den potenziellen Arbeitgeber von Ihrem Know-how und Ihren Qualifikationen zu überzeugen. Bleiben Sie überdies stets höflich, freundlich, bescheiden und respektvoll.
Umgekehrt prüfen Sie aber bitte auch, ob der zukünftige Arbeitgeber zu Ihnen passt. Schließlich dient die Probearbeit beiden Seiten zur Orientierung und zum Beschnuppern.
Stellen Sie also ruhig auch ein paar Fragen – den Kollegen ebenso wie dem Chef in spe:
- Wie zufrieden sind die Kollegen mit ihren Jobs?
- Wie herzlich ist der Umgangston?
- Wie zufrieden wirken die Mitarbeiter?
- Ist Ihnen der Chef sympathisch?
- Was wird von Ihnen auf dieser Stelle erwartet?
- Wie sehen die Arbeitszeiten genau aus?
- Wie werden Leistung und Erfolge gemessen und beurteilt?
- Machen Ihnen die Arbeitsinhalte auf Dauer Spaß?
- Wie ist Ihr Bauchgefühl?
Derart gerüstet ist die Probearbeit durchaus sinnvoll und kann Sie vor mancher Fehlentscheidung bezüglich des (vermeintlichen) Traumjobs bewahren…